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Brandenburg: DNS-Datei für Männer?: Vorbestrafte sollen an einem Gen-Test teilnehmen

Im Fall der ermordeten zwölfjährigen Ulrike aus Eberswalde beginnt die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) in Kürze mit Gen-Tests von Männern. Auf vorerst freiwilliger Basis sollen vorbestrafte Gewalt- und Sexualverbrecher aus der rund 45 000 Einwohner zählenden Kreisstadt und aus ihrer Umgebung Speichel- oder Blutproben abgeben.

Im Fall der ermordeten zwölfjährigen Ulrike aus Eberswalde beginnt die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) in Kürze mit Gen-Tests von Männern. Auf vorerst freiwilliger Basis sollen vorbestrafte Gewalt- und Sexualverbrecher aus der rund 45 000 Einwohner zählenden Kreisstadt und aus ihrer Umgebung Speichel- oder Blutproben abgeben.

Ebenso würden alle Personen, die von Einwohnern als mutmaßlicher Täter benannt werden, zu einem derartigen Test gebeten. Diese Aufforderung sei nicht mit einem Tatverdacht im strafrechtlichen Sinne gleichzusetzen, erklärte ein Sprecher der ermittelnden Frankfurter Staatsanwaltschaft. Die Gendatenbank in Brandenburg befinde sich noch im Aufbau. Daher seien noch nicht alle verurteilten Sexualstraftäter erfasst, hieß es von der Behörde. Sie rechne mit einer großen Teilnahme von Männern, da so ein Ergebnis auch der Beweis von Unschuld sei. Die gewonnenen Speichel- und Blutproben sollen mit dem genetischen Fingerabdruck verglichen werden, den der Täter beim sexuellen Missbrauch des Mädchens hinterlassen hatte. Als "Volltreffer" bezeichnete der Leitende Oberstaatsanwalt Carlo Weber das gefundene Material. Allerdings schränkte er die Genugtuung über die Arbeit der Ermittler ein: "Ein Abgleich des Fingerabdrucks mit der Gendatenbank des Bundeskriminalamtes brachte kein Ergebnis". Darin sind die Daten von 90 000 verurteilten Straftätern und Beschuldigten gespeichert.

Rechtlicher Hintergrund des großflächigen Gentests ist das 1998 verabschiedete "DNA-Identitätsfeststellungsgesetz". Es erlaubt die Abnahme von Speichel-oder Blutproben bei schweren Straftaten wie Mord, Raub, Erpressung, schwerem Diebstahl und Sexualdelikten. Nur auf Anordnung von Richtern oder mit Einwilligung des Betroffenen dürfen Proben genommen werden. Für den genetischen Fingerabdruck reichen winzige Proben von Blut, Sperma, Haaren, Speichel oder Hautstücken aus. Daraus ermitteln Spezialisten die DNA-Kette, also den Träger des menschlichen Erbgutes.

Im Gebiet zwischen Eberswalde, Bernau, Strausberg und Werneuchen stieß die Nachricht von den bevorstehenden Gen-Tests auf große Zustimmung. Vor allem junge Männer begrüßten die Ankündigung. Das überall an Tankstellen, Geschäften und Laternen hängende Phantombild sei so ungenau, dass viele Verdächtige in Frage kommen würden. "Das kann doch jeder sein", erklärte ein Mann vor einem Schnellrestaurant. "Dann haben wir wenigstens eine weiße Weste", ergänzte sein Kumpel, der die Nachricht gerade im Autoradio gehört hatte.

Das seit dem Leichenfund am vergangenen Donnerstag unveränderte Phantombild zeigt einen 25 bis 35 Jahre alten Mann mit dunkelblonden Haare, schlanker Gestalt und dunklen Augen.

Hintergrund der angekündigten Gen-Tests dürfte die Vielzahl von Hinweisen auf den möglichen Mörder von Ulrike sein. Rund 2050 Meldungen von Bürgern aus dem ganzen Bundesgebiet arbeitet die 130 Beamte zählende Sonderkommission im Eberswalder Polizeipräsidium ab. Die meisten Angaben beziehen sich nach wie vor auf Personen aus der Umgebung von Eberswalde. Deshalb geht die Polizei nach wie vor davon aus, dass der Täter aus der ansässigen Bevölkerung stammt. Dafür sprechen nicht zuletzt der benutzte Weg vom Eberswalder Ortsteil Finow nach Biesenthal und der Fundort der Leiche am Rande von Werneuchen. Neben den Vorbereitungen auf die Gen-Tests läuft die konventionellen Fahndung weiter. Jeder Polizist in Deutschland kenne inzwischen das Phantombild, unterstrich ein Polizeisprecher.

Die Beerdigung von Ulrike wird am kommenden Freitag stattfinden. Bereits am Sonntag hatten Verwandte, Freunde, Bekannte, Mitschüler und mehrere hunderte Einwohner bei einem Trauergottesdienst in Finow des ermordeten Mädchens gedacht. Daran hatten auch Ministerpräsident Manfred Stolpe und Innenminister Jörg Schönbohm teilgenommen.

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