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Brandenburg: Erst schloss der Konsum, dann die Schule

Heckelberger Eltern sind noch immer im Hungerstreik – die Behörden bleiben unnachgiebig

Heckelberg. Es sieht ein bisschen nach Klassenfahrt aus, das Lager aus Campingliegen, Schlafsäcken, Safttüten und Sporttaschen in der Eingangshalle der Grund- und Gesamtschule Heckelberg (Märkisch-Oderland). Tatsächlich übernachten hier aber nicht Schüler, sondern fünf Eltern, vier Mütter und ein Vater. Sie haben angekündigt, nicht zu gehen, bis die vor kurzem verkündete Schließung des Gesamtschulteils wieder zurückgenommen ist – und so lange auch nichts zu essen.

Geburtenschwache Jahrgänge und Wegzug in den Randgebieten, diese Kombination macht immer mehr Schulen in den Brandenburger Randgebieten den Garaus (siehe Kasten). Für die 7. Klasse im kleinen Heckelberg hatten sich zum Stichtag 37 Schüler angemeldet, drei zu wenig, um die Mindeststärke zu erreichen. Daraufhin verfügte das Schulamt in Frankfurt (Oder) das Aus der Sekundarstufe 1. Die Eltern halten entgegen, inzwischen seien weitere Anmeldungen eingegangen, also gebe es jetzt über 40 Bewerber.

Die Stimmung unter den fünf Hungerstreikern ist kämpferisch bis optimistisch. Wieweit sie gehen wollen, darüber haben sie sich aber offenbar noch nicht ernsthaft Gedanken gemacht. Der erste Hunger ist nach vier Tagen gewichen, jetzt heißt es erst einmal: „Wir bleiben, bis die Entscheidung zurückgenommen ist.“

Der Widerstand schweißt in diesen Tagen den ganzen Ort zusammen. Der Bürgermeister war da, andere Eltern. Sie spornten an, brachten Liegen, Getränke, Fernseher und DVD-Player mit. Am Sonntag soll es einen Sternmarsch zur Schule geben, bei der Jugendfeuerwehr, dem Karnevalsverein, und in der Kita werden auch schon eifrig Transparente gepinselt. Auch Teilnehmer aus den 13 umliegenden Gemeinden, aus denen die Schüler kommen, werden erwartet.

„Erst haben wir den Konsum verloren, dann die Tanzflächen und jetzt auch noch die Schule“, sagt Viola Ewest und wirft eine Vitamintablette in ihren Sprudel. „Wenn die weg ist, ziehen gar keine Familien mehr her.“ Obwohl die Regierung den Bevölkerungsrückgang im Land gerade zur Chefsache erklärt hat, kann man die Überlegungen der Heckelberger im Bildungsministerium nicht nachvollziehen. Sprecher Thomas Hainz will nicht leugnen, dass die Schließung ein Rückschlag für die Gemeinde ist. Aber: „Die Schule ist nicht dazu da, Strukturprobleme zu lösen.“ Eine Ausnahmeregelung, wie sie vor drei Jahren in einem vergleichbaren Fall in Storkow erstritten wurde, schließt Hainz aus. Schule und Eltern sorgen sich unterdessen, dass der Wegfall der Gesamtschule nur der Anfang vom Ende für die gesamte Einrichtung ist. Die Landeszuweisungen richteten sich nach den Schülerzahlen, erläutert Direktorin Ingrid Freier. „Für die geschrumpfte Grundschule wird es dann noch schwerer.“

So bleiben die Fronten verhärtet. Als am Donnerstag der verantwortliche Schulrat Bernd Emmerling zum Gespräch an die Schule kam, wurde es ziemlich laut. Auch die PDS-Landtagsabgeordnete Gerrit Große, die sich für die Erhaltung zumindest in diesem Jahr einsetzt, gelang es nicht zu vermitteln. Die Gesamtschule sei nicht zu retten, beharrt Emmerling, die Prognose für die Schülerzahlen zu schlecht.

Streit gibt es aber auch in der Frage nach Alternativen. Emmerling favorisiert das 16 Kilometer entfernt liegende Werneuchen im Nachbarkreis Barnim. Allerdings muss auch Thomas Hainz zugeben, dass kreisübergreifende Lösungen „generell schwierig sind“. Im Moment fehlt eine Busverbindung zwischen beiden Orten, der Landkreis prüft nun, ob die eingerichtet werden kann. Die nächste Alternative wäre sonst Eberswalde. Die Eltern zweifeln an dieser Lösung und gehen erst einmal davon aus, dass nur das an der polnischen Grenze liegende Hohenwutzen infrage kommt. Bis dorthin fährt der Bus aber anderthalb Stunden.

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