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Brandenburg: Flughafen-Gegner planen Klagen, Klagen, Klagen

Der Bürgerverein hat bereits eine zweite Kanzlei engagiert, um das Projekt so lange wie möglich zu verzögern

Schönefeld / Berlin. Nachdem alle Stühle im großen Rathaussaal besetzt und noch ein paar zusätzliche Sitzbänke herbeigeschleppt sind, wird durchgezählt: 259 Menschen sind am Donnerstagabend nach Alt-Köpenick gekommen, um Neuigkeiten vom obersten Flughafengegner Ferdi Breidbach und den Anwälten des Bürgervereins gegen den Ausbau von Schönefeld (BVBB) zu erfahren.

Der Verein hat mittlerweile eine zweite Rechtsanwaltskanzlei engagiert, um bei Bedarf eine gewaltige Klagewelle in Gang setzen zu können. Bedarf ist in dem Moment, wenn der „Planfeststellungsbeschluss“ vorliegt: die Baugenehmigung für den Großflughafen. Damit rechnen die Beteiligten im Laufe dieses Jahres. „Wir sind gewappnet“, lautete denn auch Breidbachs wesentliche Botschaft. Mit genormten Messstationen werde neuerdings der Fluglärm gerichtsfest registriert. Und: „Wir können beliebig viele neue Klagen erstellen.“ Es gibt nur eine Instanz: das Bundesverwaltungsgericht. Während Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) ein Jahr für den Rechtsstreit veranschlagt, hütet sich das Gericht – wie in unserer gestrigen Ausgabe berichtet – ausdrücklich vor Prognosen zur Verhandlungsdauer.

Auf Verzögerung setzt auch der BVBB, der nach eigenen Angaben reichlich 5000 Mitglieder hat. Aus deren Beiträgen bestreitet er auch die Anwaltskosten und betreibt Verbindungsbüros in fast allen betroffenen Brandenburger Gemeinden und Berliner Ortsteilen. In der Hauptstadt könnten vor allem die idyllisch zwischen Wald und Wasser gelegenen Villenviertel von Müggelheim über Karolinenhof und Schmöckwitz bis Rauchfangswerder die Auswirkungen des ausgebauten Flugplatzes spüren. Von den Brandenburger Gemeinden erwarten unter anderem Mahlow, Blankenfelde, Zeuthen und Eichwalde besondere Belastungen. Nach achtjährigem Kampf des BVBB ist das betroffene Gebiet längst auch für Durchreisende zu erkennen: an den gelben „Schönefeld – mit uns nicht“-Aufklebern, die Autohecks, Gartentore und sonstige glatte Flächen zieren.

Markenzeichen von Ferdi Breidbach, 65, ist neben seiner Ausdauer die Polemik, mit der er auch im Köpenicker Rathaus nicht spart: Die Namen von Stolpe, Wowereit „und Konsorten“ spricht der Ex-Bürgermeister von Diedersdorf aus wie Schimpfworte und geißelt die „großmäuligen Träumer“ in Politik und Behörden. Breidbachs Attribute sind so vielfältig wie die Wortschöpfungen der Politiker für den, so jüngst Stolpe, „bedarfsgerecht rekonstruierten“ Flughafen Schönefeld. Nach gut zwei Stunden gehen die Leute mit dem Gefühl nach Hause, dass der BVBB schon das Richtige tun werde, auch wenn seine bisherigen Dioxin-, Munitions- und Bunker-Warnungen verhallten, ohne dass eine tatsächliche Gefahr für die Öffentlichkeit – und damit für den Flughafen – bewiesen wurde. Breidbach ist längst zu einer Art Wanderprediger geworden. Am nächsten Freitag tritt er wieder auf: 19 Uhr, Schloss Diedersdorf. Wer hören will, ist willkommen.

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