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Brandenburg: Flughafen Schönefeld: Anhörung begann mit Fehlstart

Mit Tumulten begann gestern die öffentliche Anhörung zum geplanten Großflughafen Berlin-Schönefeld. Wenige Minuten nach Beginn unterbrach der Versammlungsleiter die Erörterung, weil er sich gegen die lautstarken Proteste von mehreren hundert Flughafengegnern kein Gehör mehr verschaffen konnte.

Mit Tumulten begann gestern die öffentliche Anhörung zum geplanten Großflughafen Berlin-Schönefeld. Wenige Minuten nach Beginn unterbrach der Versammlungsleiter die Erörterung, weil er sich gegen die lautstarken Proteste von mehreren hundert Flughafengegnern kein Gehör mehr verschaffen konnte. Die Anhörung war zunächst auf den Nachmittag vertagt worden, wurde dann allerdings erneut abgebrochen, nachdem die Gegner mit einem Megafon ihr Rederecht erzwingen wollten.

Bei seiner Ankunft am Morgen machte Bernd Frischgesell seinem Namen noch alle Ehre: Aufgeräumt schritt der Präsident des Brandenburger Landesamtes für Bauen, Verkehr und Straßenwesen (LVBS) in die zum Tagungssaal ausgebaute Fabrikhalle in Schöneweide. Das LVBS muss sich mindestens 60 Tage lang mit den zu 4000 Argumenten gebündelten Einwendungen von etwa 67 000 Anwohnern befassen. "Klar wird es Emotionen geben. Aber unwohl ist mir nicht. Ich bin einfach nur gespannt, wie viele Leute kommen", sagte Frischgesell. Fünftausend Plätze hat die Halle. Damit die reichen, müssen Betroffene aus Brandenburg und Berlin an verschiedenen Wochentagen erscheinen.

Als um zehn Uhr die Anhörung begann, waren nur etwa tausend Brandenburger in der Halle. Dazwischen einige Berliner, denen der "Bürgerverein Berlin-Brandenburg" (BVBB), der tausende Flughafengegner vereint, Zutritt verschafft hatte: Der Verein hat Vollmachten an die Berliner verteilt, mit denen sie als Vertreter von Brandenburgern eingelassen wurden. Als Versammlungsleiter Joachim Leyerle die Anhörung eröffnete, erhoben sich Buh-Rufe und Pfiffe aus dem Publikum. " ... Ich darf Ihnen weiter vorstellen ... " Der Rest versank im Gejohle der meist mit gelben "NEIN"-Schildern behängten Flughafengegner jeden Alters. Um 10 Uhr 16 erhob sich das Publikum plötzlich. "Wir sind das Volk!", skandierten die Leute und drängten in Richtung Podium. Eilig brachten sich die dort sitzenden Behördenvertreter in Sicherheit; "das Volk" bleibt mit einer Schar nervöser Ordner allein.

Die Anhörung galt zu diesem Zeitpunkt als unterbrochen; die zuvor aus dem Saal geworfenen Kamerateams und Fotografen durften wieder hinein. "Fortsetzung der Erörterung um 13 Uhr 30", erschien auf den Großleinwänden, und BVBB-Chef Ferdi Breidbach hielt eine flammende Ansprache durchs Megafon, in der er den Regierungen von Berlin und Brandenburg beispiellose Arroganz auf Kosten der 150 000 vom Luftkreuz Schönefeld betroffenen Menschen vorwarf.

"Der Auftakt war gut", sagte Breidbachs Stellvertreter Karl-Heinz Lüpke, der eben noch freudestrahlend die Sprechchöre dirigiert hatte. Die mitgebrachten Tröten des Publikums fand er "auch nicht unsachlicher als den Rest des Verfahrens", das nach seiner Auffassung von Chaos und Fehlern geprägt und damit "einem demokratischen Rechtsstaat unangemessen" ist. Lüpke verlangt dezentrale Anhörungen statt dieser ortsfernen Großveranstaltung, bei der niemand wisse, wann seine lokalen Belange besprochen werden und ob er überhaupt einen Platz auf der Rednerliste bekomme.

Ein alter Mann aus Blankenfelde erregte sich, dass in seinem Ort "zehntausend Leute zwei Kilometer neben der neuen Startbahn wohnen. Das wäre im Westen undenkbar!" Und zwei Schulklassen aus dem benachbarten Mahlow waren ihrer Politik-Lehrerin dankbar für den Ausflug zum aufregenden Anhörungstermin.

Draußen hatten sich unterdessen die Polizeiautos vermehrt, während sich drinnen LBVS-Sprecher Rainer Laflör auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz "enttäuscht über den schwachen Zustrom Betroffener" äußerte. "Die Sachdiskussion wird sich durchsetzen", sagte er zuversichtlich - wohl auch, um sich selber Mut zu machen, denn seine Behörde kann sich ständige Unterbrechungen ebenso wenig leisten wie Fernsehbilder von Polizisten, die Störer aus dem Saal zerrten. "Wir stehen nicht unter Zeitdruck", sagte Laflör. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass auch die betroffenen Anwohner nicht unter Zeitdruck stehen sollten. Denn sie konnten ihre Einwendungen zwar schriftlich erheben, müssten aber möglichst oft erscheinen, um die Erörterung zu verfolgen. Keine Chance also für jene, die tagsüber arbeiten müssen und deshalb teilweise schon jetzt sauer über die Verzögerung sind. Der Ärger richtete sich dabei ebenso gegen die Behörden wie gegen die Störer.

Als es am Mittag endlich weiterging, waren die Saalmikrofone abgeschaltet. Kein Problem für die Gegner vom BVBB, die kurzerhand ein Megafon zückten. Nach einer Viertelstunde vertagte der Versammlungsleiter die Erörterung. Bis heute früh um zehn hat er Zeit, sich etwas einfallen zu lassen.

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