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Brandenburg: Gemeindereform: Wer nicht freiwillig will, wird gezwungen

Einig in der Ablehnung, nur die Motive sind unterschiedlich: Groß Glienicke möchte lieber zu Berlin gehören, als beim hochverschuldeten Fahrland eingemeindet zu werden. Und der Teupnitzer Bürgermeister und Präsident des Brandenburger Gemeindetags, Kuhl, kündigt "erbitterten Widerstand gegen die Zerschlagung bewährter Strukturen an".

Einig in der Ablehnung, nur die Motive sind unterschiedlich: Groß Glienicke möchte lieber zu Berlin gehören, als beim hochverschuldeten Fahrland eingemeindet zu werden. Und der Teupnitzer Bürgermeister und Präsident des Brandenburger Gemeindetags, Kuhl, kündigt "erbitterten Widerstand gegen die Zerschlagung bewährter Strukturen an". Die Gemeindereform kommt in die heiße Phase, Innenminister Jörg Schönbohm muss sich warm anziehen.

Ein Anschluss an Berlin, wie es Groß Glienicke anstrebt, ist unrealistisch. Dazu gehören Staatsverträge zwischen beiden Ländern: Das wäre eine Länderfusion der kuriosen Art. Aber der Vorgang sagt einiges aus über die Stimmung im so genannten Speckgürtel. Die vor die Stadt gezogenen Menschen fühlen sich nicht als Brandenburger. Sie fahren zur Arbeit nach Berlin, wollen lieber das B-Schild am Auto, murren über bürokratischen Schlendrian in den nach DDR riechenden Amtsstuben, wittern immer noch alte Pädagogik und schicken ihre Kinder deshalb lieber in Berliner Schulen und Kitas. Und mit der alteingesessenen Bevölkerung, die sich in ihrer Heimat an den Rand gedrückt fühlt, haben die Zugezogenen kaum Kontakt. Da reibt sich einiges. Das gilt für Groß Glienicke, aber ebenso für Kleinmachnow, Schöneiche oder Schildow.

Wenn schon Gemeindereform, dann zurück nach Berlin, sagen die Umzügler. Für die kleinen Gemeinden tief in Brandenburg stellt sich die Frage ganz anders. Im ländlichen Raum möchten die Menschen ihre historisch gewachsenen Gemeinden erhalten. Sie fürchten, ihre Interessen bleiben in einer Großgemeinde unberücksichtigt. Die Logik der Reformer, aus vielen Kleinstgemeinden mit weniger als 500 Menschen wirtschaftlich zu führende Kommunen zu machen, geht an ihrer Gefühlslage vorbei. Deswegen werden die Töne schriller. Auch das Angebot, sich auf freiwilliger Basis ihre Wunschpartner für einen Zusammenschluss zu suchen, werden sie nicht nutzen. Und dann? Das Wort Zwangseingemeindung scheuen die Politiker noch - vor allem aus der CDU.

Die nämlich bekommt den Unmut besonders zu spüren. Schließlich hat die CDU sich im Wahlkampf 1999 strikt gegen Zwangszusammenschlüsse ausgesprochen. Innenminister Jörg Schönbohm, der seit Monaten auf dem Land für seine Reform wirbt, darf sich auf harte Konflikte einstellen. Für den CDU-Vorsitzenden steht einiges auf dem Spiel. Die großen Vorhaben - Kommunalreform und Abbau der Polizeipräsidien - binden all seine Kräfte. Für Profilierungen in der Großen Koalition bleibt da kaum Raum. Fällt Schönbohm die Gemeindereform auf die eigenen Füße, bleibt er dauerhaft geschwächt. Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD), dessen Partei sich in den Jahren der Alleinregierung nicht an die Kommunalreform wagte, wird dies sorgfältig beobachten.

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