zum Hauptinhalt

Brandenburg: Geständnis: "Das war Mist, was da passiert ist"

Mit dem Geständnis eines Angeklagten begann gestern der Prozess um den Mordversuch an dem 22-jährigen Thilo R..

Mit dem Geständnis eines Angeklagten begann gestern der Prozess um den Mordversuch an dem 22-jährigen Thilo R.. Fünf Männer müssen sich vor dem Landgericht in Frankfurt (Oder) verantworten, weil sie ihr Opfer mit Benzin übergossen und angezündet haben sollen. Die Haut von Thilo R. wurde zu 80 Prozent verbrannt, er überlebte den Anschlag nur knapp. Während vier Angeklagte die Aussage verweigerten, beschrieb der fünfte detailliert die Tat.

Jarno H. hat trotz der Hitze sein "Pit-Bull"-Sweatshirt übergezogen. Seine Kopf ist rasiert, er ist tätowiert. Auch die Mitangeklagten tragen Glatzen. Nur Marcel R. trägt keinen Neonazi-Look. Mit 18 Jahren ist er der jüngste Angeklagte. Er soll Thilo R. angezündet haben. Das Opfer lässt sich von einer Anwältin als Nebenkläger vertreten. Laut Anklageschrift ist er "in erheblicher Weise dauerhaft entstellt". Als Zeuge hat ihn der Vorsitzende Richter Andreas Dielitz für kommenden Dienstag geladen. Vorher dürfen sich die Angeklagten äußern. Vier schütteln schweigend den Kopf. Allein der 29-jährige Marco S., der älteste der mutmaßlichen Täter, will sich zu der Anklage einlassen.

"Wir wollten bisschen feiern", berichtet er über den Vorabend der Tat in der Bernauer Wohnung eines Bekannten. Da habe Thilo angerufen und von einer Strafanzeige erzählt, die der Angeklagte Marcel R. gegen zwei Kumpane erstattet habe. Der bestritt das und verlangte, dass Thilo herkommen solle. Thilo wollte nicht, also wurde er geholt. Wieder in der Wohnung, bestritten sowohl Marcel R. als auch Thilo die Strafanzeige und beschuldigten sich gegenseitig. Nun schlug die Stunde von Jarno H.: Er riet, den Zwist durch einen Kampf zu klären. "Eins zu eins. Mann gegen Mann.". Laut S. hat dann doch jeder Thilo getreten oder geschlagen. Dann habe man wieder gefeiert, während Thilo sich das Blut abwischte. Dann sei einer auf die Idee gekommen, dass Thilo vorsichtshalber beseitigt werden müsse. Erst wollten sie ihn "abstechen", dann habe man sich darauf geeinigt, ihn zu verbrennen. Diskussionen gab es darum, wie viel Benzin man braucht. Das Opfer sollte "komplett weg, damit keine Beweise bleiben". Ob ihm das nicht unheimlich wurde, will der Richter von Marco S. wissen. "Och, nö", antwortet der. Es hätte ja Spaß sein können, und man kennt das ja auch aus Filmen.

Später drängte Jarno H. zum Aufbruch. Thilo sei freiwillig mitgegangen, sagt der Angeklagte: "Er hat gesagt, ihm ist das egal, er hat sowieso nichts mehr zu verlieren." Er habe nur gefragt, ob man das nicht auch anders regeln könne. Da waren zwei der Täter schon mit einer 1,5-Liter-Flasche zur Tankstelle unterwegs, während die anderen drei das Opfer zu einer Pferdekoppel führten. Sie seien sich einig gewesen, "dass das Mist ist, was jetzt passiert", aber sie hätten Thilo ja nicht laufen lassen können, ohne Jarno H. zu fragen - und der war gerade nicht da. Als er wiederkam, war ihm nicht danach zumute, die Aktion abzubrechen. Thilo musste sich ausziehen. "Einer" - Marco S. stockt und sucht nach dem richtigen Wort - "klopfte ihm mit einem Stein auf den Kopf". Was dann passierte, habe er nicht gesehen, er wollte sich "still und heimlich verpissen". Laut Anklage war es Mario Sch. (21), der das Benzin über Thilo auskippte. Marcel R. zündete ihn an. Es gab eine Stichflamme. Thilo schrie und wälzte sich auf dem gefrorenen Boden. Dann rannte er weg. Er schaffte es bis zur nächsten Tankstelle.

Nachdem der Angeklagte erklärt hat, dass "alle ganz schön besoffen waren", fragt der Vorsitzende, ob die Tat politische Motive hatte. Marco S. verneint. Sie seien zwar rechte Skins gewesen, aber er habe damit längst nichts mehr zu tun. Auch Jarno H. sei "gerade auf dem Weg raus aus der Szene".

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false