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Brandenburg: Gute Ernte, schlechte Preise

Für die Bauern war das Wetter genau richtig. Besonders die Getreideerträge waren in diesem Jahr hoch. Sauerkirschen aber lohnen den Anbau nicht mehr

Ribbeck - In diesem Jahr hat das Wetter den Brandenburger Bauern gut getan. Nach zwei trockenen Sommern reichte der Regen diesmal aus, um eine nahezu optimale Ernte einzufahren. Die Erträge beim Getreide und bei den Futterpflanzen liegen deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. „Die Existenz vieler Betriebe hing bis zum Frühjahr noch am seidenen Faden“, sagte der Chef des Brandenburger Landesbauernverbandes, Udo Folgart, am gestrigen Dienstag in Ribbeck. „Ihre Reserven waren nahezu aufgebraucht. Ein weiteres Katastrophenjahr hätten viele Kollegen nicht verkraftet.“

Doch 2004 konnten die Bauern knapp ein Drittel mehr Winterroggen einfahren als im Vorjahr, bei der Sommergerste ist die Ernte um fast ein Viertel höher. Nur der Hafer blieb um zwölf Prozent unter dem Ergebnis 2004. Doch hier fällt die Anbaufläche kaum ins Gewicht. Das Wetter verlief für die Bauern fast ideal. Während die Betreiber von Biergärten, Freibädern oder Ausflugsschiffen im Juli wegen des Regens fast verzweifelten, liefen die Bauern gut gelaunt über ihre Felder. Die Körner reiften in der Feuchte gut, als aber Anfang August die Mähdrescher losfuhren, zeigte sich kaum eine Wolke am Himmel. Die Weiterverarbeitung des Getreides konnte meist gleich auf den Feldern erfolgen, ohne auf die teuren Trocknungsgeräte zurückgreifen zu müssen.

Dennoch haben die Bauern auch in solch guten Zeiten noch Grund zu klagen. „Die Erträge sind zwar sehr gut, aber viel Geld nehmen die Landwirte nicht ein“, sagte Bauernvertreter Folgart. „Denn durch das große Angebot sinken überall die Preise.“ Für einen Doppelzentner Winterroggen gibt es gerade sieben Euro. „Da bekomme ich in der Kneipe zwei Bier und beim Friseur einen einfachen Rundschnitt ohne Waschen“, rechnete Folgart. „Hier stimmen einfach die Relationen des Aufwandes nicht.“ Bei den derzeitigen Milchpreisen machten die Landwirte sogar Verluste beim Verkauf an die Molkereien.

Ohnehin stünden die Bauern in der deutschen Lohntabelle ganz hinten. „Aber dank der guten Ernte haben sie jetzt wenigstens ihre Kreditwürdigkeit bei den Banken erhöht“, sagte Rüdiger Schubert vom Agrarministerium. „Das verschafft ihnen wieder etwas Luft.“

Beim Spargel, den Erdbeeren und den Äpfeln fielen die Erträge trotz der kühlen Witterung im Frühjahr normal aus. Dass die Obsternte aber insgesamt nur rund 83 Prozent des Vorjahresergebnisses erreichte, liegt vor allem an den Sauerkirschen. „Deren Ernte lohnt selbst mit den billigen polnischen Helfern nicht mehr“, erklärte Jürgen Ebel, Chef des Landesgartenverbandes. „Gegen die niedrigen Preise der osteuropäischen Bauern haben die deutschen Produzenten keine Chance.“ Da sei es billiger, die Kirschen gleich an den Bäumen zu belassen. Der Kirschanbau in Brandenburg könnte bald Geschichte sein.

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