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Brandenburg: Hallen, durch die Geschichte wehte

Schloss Cecilienhof undVillen in Babelsberg: Ein Besuch an den Orten, wo heute vor 60 Jahren die PotsdamerKonferenz begann

Potsdam - Mitunter kommen Jubiläen großer Ereignisse doch etwas überraschend. Dieser ironisch gemeinte Satz machte gestern unter vielen Gästen des Schlosses Cecilienhof die Runde. Am 17. Juli 1945 begann hier die Nachkriegskonferenz der alliierten Siegermächte, die über das Schicksal Deutschlands entscheiden sollte. Sie endete am 2. August mit der Unterzeichnung des Potsdamer Abkommens. Zum 60. Jahrestag dieser für die Weltgeschichte so bedeutenden Zusammenkunft bereitete die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten als Hausherrin in Cecilienhof eine Sonderausstellung vor. Sie wird verspätet am Dienstag eröffnet.

Dann können die Besucher Dokumente, Presseberichte und Fotos über die Verhandlungen der „Großen Drei“ studieren. Sie stammen aus den Zeitungen der Teilnehmerländer von 1945 und spiegeln die Erwartungen an die Verhandlungen, die Einschätzung des Verlaufs und der Ergebnisse wider. Wer am Wochenende die Gedenkstätte des Abkommens besichtigt, muss sich noch mit den allgemeinen Informationen zufrieden geben. Sie stimmen auf den Besuch der Großen Halle des Schlosses ein, in der sich in den vergangenen sechs Jahrzehnten kaum ein Detail verändert hat.

Auf dem großen runden Tisch, der eigens für die Konferenz in einer Moskauer Möbelwerkstatt gefertigt wurde, stehen die Flaggen der Sowjetunion, der USA und Großbritanniens. Ursprünglich hatten US-Präsident Harry S. Truman und der britische Premierminister Winston Churchill einen Ort in Alaska für das Treffen favorisiert. Doch Josef W. Stalin bestand auf Deutschland. Da im kriegszerstörten Berlin kein passendes Gebäude gefunden worden war, fiel die Wahl der sowjetischen Delegation schließlich auf Cecilienhof. Im nahen Neubabelsberger Villenviertel bezogen die Staatsmänner für die Dauer der Konferenz ihre Residenzen, wobei Churchill Ende Juli seinen Platz an den Labour-Führer Clement Richard Attlee abgeben musste. Churchill hatte die Parlamentswahl verloren.

Das Schloss Cecilienhof und der angrenzende Park ließen sich offenbar sehr gut von der Außenwelt abschotten. Erst 1917 war der letzte Schlossbau der Hohenzollern fertig gestellt worden. Der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II. wollte für Kronprinz Wilhelm und dessen Gemahlin Cecilie von Mecklenburg-Schwerin unweit des Marmorpalais’ ein würdiges Anwesen. Baumeister Paul Schultze-Naumburg errichtete eine Anlage mit 176 Zimmern im englischen Landhausstil. Nach dem Ersten Weltkrieg flohen Kaiser und Kronprinz ins Exil in die Niederlande. Namensgeberin Cecilie blieb.

Nach der Potsdamer Konferenz richtete die DDR im Westflügel des Schlosses ein Devisenhotel ein. Auch heute werden weite Teile des Cecilienhofes als Hotel genutzt. Rund 180 000 Menschen besuchen jährlich den Konferenzsaal, in dem die Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen bestätigt wurde. Außerdem zogen die Siegermächte hier die Linien, die heute die Grenzen Deutschlands bilden. Polen rückte bis an Oder und Neiße vor, das Sudetenland kehrte zur Tschechoslowakei und Elsass-Lothringen nach Frankreich zurück. Königsberg fiel an die Sowjetunion.

Rund vier Kilometer Luftlinie vom Schloss Cecilienhof entfernt liegen die ehemaligen Residenzen der Delegation in Neubabelsberg. Nur die ehemalige Truman-Villa ist heute für Besucher zugänglich. In dem 1892 für den Verleger Carl Müller-Grote errichteten Bau direkt am Griebnitzsee arbeitet heute die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung. In dieser Villa soll Truman den Befehl zum Abwurf der ersten Atombomben auf japanische Städte erteilt haben. Ganz ließ sich dieses Gerücht nie bestätigen, Historiker fanden aber heraus, dass der Präsident hier zumindest die Pressemitteilung über den barbarischen Akt handschriftlich abgezeichnet hatte.

Ebenfalls am Seeufer, in der Virchowstraße 23, steht die von Churchill und Attlee genutzte Villa. Sie war 1917 nach den Plänen Mies van der Rohes für den Berliner Bankier Franz Urbig gebaut worden. Zu DDR-Zeiten nutzte das Haus die Filmhochschule „Konrad Wolf“. Nach der Wende stellten die Urbig-Erben einen Rückgabeantrag, der rasch bewilligt wurde. Doch das Haus stand lange Zeit leer. Vor kurzem kaufte es die Immobilienfirma Theo Semmelhack. Wenige Meter vor dem Babelsberger Park liegt die Stalin-Villa in der Karl-Marx-Straße 27. Der Architekt Alfred Grenander entwarf den Prachtbau für den Teppichhändler Herpich. Nach der Wende kaufte der Bauindustrieverband die Villa, der hier seinen Regionalsitz einrichtete. Noch Ende vergangenen Jahres hatte Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) die Idee verfolgt, zum 60. Jahrestag die drei Staatsmänner Russlands, der USA und Großbritanniens nach Potsdam zu holen. Doch der Sicherheitsaufwand erwies sich als zu groß. So wurde das Ereignis fast vergessen. Selbst die Sonderausstellung wurde nicht rechtzeitig fertig.

Ausstellung vom 20. Juli bis 31.Oktober, tägl. 9 bis 17 Uhr. Eintritt fünf Euro, ermäßigt 4 Euro. Infos unter Tel. 0331-9694244

Churchill wohnte in dieser Villa in der Babelsberger Virchowstraße 23, am Ufer des Griebnitzsees. Sie war 1917 von Mies van der Rohe erbaut worden.

Stalin nutzte das frühere Wohnhaus des Teppichhändlers Herpich in der Karl-Marx-Straße 27, ganz in der Nähe des Babelsberger Parks.

Truman logierte wie Churchill am Ufer des Griebnitzsees in dieser Villa. Sie wurde 1892 für den Verleger Carl Müller-Grote gebaut. Heute Sitz der Naumann-Stiftung.

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