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Finanzminister Helmuth Markov

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Haushaltssperre: Anfängerfehler

Es hagelt Kritik an der von Finanzminister Helmuth Markov verhängten Haushaltssperre – auch aus seinem eigenen Ressort werden schwere Vorwürfe gegen ihn erhoben.

Helmuth Markov ist der erste Finanzminister der Linken überhaupt, zudem Vize-Chef der rot-roten Landesregierung in Brandenburg. Doch nun erheben hochrangige Mitarbeiter verschiedener Ministerien, selbst aus Markovs Ressort, schwere Vorwürfe gegen ihn. Es geht um die Anfang Juni, nur drei Wochen nach dem Landtagsbeschluss zum aktuellen Haushalt, vom Finanzminister überraschend verhängte Haushaltssperre. Die soll auf „dilettantischen“, „teils falschen“, „nicht nachvollziehbaren“ Berechnungen des Ministers und eines Mitarbeiters beruhen, heißt es von mehreren Seiten.

Auf Ebene höherer Beamten in verschiedenen Häusern hat sich so viel Unmut über das Agieren des Ministers angestaut, dass nun interne Kritik nach draußen dringt, was in diesem Ausmaß völlig unüblich ist – ein klarer Affront. Aber in einigen Ressorts gehen die Experten in ihrer Einschätzung äußerst weit: Das von Markov entdeckte Etatloch in Höhe von etwa 460 Millionen Euro zum Stichtag Ende Mai existiere nicht einmal im Ansatz. Markov, so der Vorwurf, habe sich – in Abwesenheit des zuständigen Mitarbeiters – gemeinsam mit einem anderen Beamten verrechnet, als er zum Jahresende eine Lücke von 165 Millionen im 10,5-Milliarden-Haushalt prognostizierte.

Die Folgen der Haushaltssperre sind gravierend

Die Folgen sind gravierend. Durch die Haushaltssperre sind Investitionsgelder des Landes von mehr als 20 Millionen Euro gestoppt. Als Folge sind weite Teile der auf EU-Mittel gestützten Investitionen der öffentlichen Hand etwa für ländliche Regionen auf Eis gelegt. Aus dem ganzen Land erreichen die Landesregierung Brandbriefe aus Kommunen und Kreisen.

Gedeckt wird der Vorwurf, Markovs Etatlücke sei rein fiktiv, dadurch, dass der Minister in mehreren Fragerunden im Landtag wie auch kabinettsintern nie genau sagen konnte, aus welchen Einzelposten sich seine Minussumme zusammensetzt. Markov hatte stattdessen immer nur grob auf globale Mindereinnahmen etwa bei EU- und Bundesmittel verwiesen. Zur Grundlage seiner Entscheidung soll Markov nach Darstellung seiner internen Kritiker allein eine fiskalisch nicht gebräuchliche Rechenart gemacht haben: Erst wurde der Landesetat für dieses Jahr einfach durch zwölf Monate geteilt und – um auf Werte für den Mai zu kommen – mit fünf multipliziert. Auf Grundlage dieser einfachen, linearen Rechnung, die keinerlei Schwankungen, Vorfinanzierungen und Rücküberweisungen zum Jahresende aus EU- und Bundeskassen berücksichtigt, habe Markov dann angenommen, dass es ein nennenswertes Haushaltsrisiko für das Land Brandenburg gibt, hieß es von mehreren Seiten.

Markov werden "unseriöse Berechnungen" vorgeworfen

Einer von Markov abgesegneten Übersicht zufolge kam daher Ende Mai zeitanteilig auf die Monate gerechnet angeblich ein Minus von 320 Millionen Euro an Zuweisungen der EU und des Bundes zustande. Nun werden Markov „unseriöse Berechnungen“ vorgeworfen. Selbst wenn Gelder von EU und Bund verspätet ankommen, mit diesen aber fest gerechnet werden kann und das Land vorfinanziert, könnte höchstens der Zinsverlust durch den Zeitverzug als Mindereinnahme verbucht werden, erklärten mehrere Haushaltsexperten. Selbst im Finanzministerium, wo Markov als beratungsresistent gilt, wird intern von einem schweren Anfängerfehler gesprochen.

Aus mehreren Ministerien heißt es, ein Haushaltsloch könne es gar nicht geben. Denn die ersten Monate des Jahres herrschte wegen des noch nicht beschlossenen Etats vorläufige Haushaltsführung – es sei also weniger ausgegeben worden als sonst üblich, weil der Etat-Beschluss des Landtages fehlte. Auch die Steuereinnahmen stiegen bundesweit stärker als erwartet – was auch in Brandenburg zu mehr Einnahmen führe. Zudem haben die meisten Ministerien zum 30. Juni Halbjahreszahlen vorgelegt, die weitgehend im Plan sind. Die Mittel der EU liefen regelmäßig ein, hieß es. Einzige Ausnahme ist das Arbeitsministerium von Günter Baaske (SPD). Wegen des Abrechnungsskandals bei der Landesagentur für Struktur und Arbeit (Lasa) gibt es aus dem Europäischen Sozialfonds kein Geld, bis Jahresende geht es um 138 Millionen Euro.

Platzeck zeigte sich verärgert über die Indiskretion führender Regierungsbeamter

Das Finanzministerium wollte die Vorwürfe nicht kommentieren, Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) reagierte sichtlich verärgert auf die Indiskretion führender Regierungsbeamter, wollte aber nichts sagen. Die Opposition aus CDU, FDP und Grünen fordert eine Ende der Etatsperre und überlegt, Markov wegen dessen „finanzpolitischer Geisterfahrt“ zu einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses einzubestellen. SPD-Fraktionschef Dietmar Woidke nahm Markov in Schutz: „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste – das gilt auch für Finanzpolitik.“

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