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Fragt sich nur – wann? Durch den Stau auf der Elbe sind die Wasserstände in der unteren Havel, wie hier bei Abbendorf, bedrohlich angestiegen. Zur Entlastung sollen nun die Polder geöffnet werden.

© dapd

Hochwasser in der Elbe: Alarm in der Prignitz

Höchste Hochwasseralarmstufe: Die Elbe erreicht Höchststände, die Dämme halten Nebenflüsse treten über die Ufer.

Lenzen – Die Elbe in der Prignitz hat am Freitag zwar den Stand für die höchste Hochwasseralarmstufe erreicht, doch Katastrophenalarm wird nicht ausgerufen. „Wir beherrschen die schwierige Situation mit eigenen Kräften“, sagte Landrat Hans Lange beim Blick auf die Landkarte mit dem 75 Kilometer langen Elbabschnitt zwischen Havelberg und Lenzen. „Anders als beim Hochwasser 2002 brauchen wir also keine Bundeswehr.“ Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und die vielen freiwilligen Helfer beim Sandsackfüllen reichten aus. Die Deiche seien schließlich in den vergangenen acht Jahren fast komplett erneuert worden. Rund 75 Millionen Euro haben die Dämme entlang dem Fluss gekostet, der jetzt wie ein riesiger See wirkt. „Da kommt nach menschlichem Ermessen kein Wasser durch“, meinte der Landrat. „Und drüber dürfte auch kein Tropfen schwappen.“

Schmelzwasser und außergewöhnliche Niederschlagsmengen haben Flüsse und Bäche in diesem Winter stark ansteigen lassen. Seit dem Frühjahr 2010 gab es in Brandenburg insgesamt schon fünf Hochwasserlagen an Oder, Schwarzer Elster, Havel, Spree und jetzt auch an der Elbe.

In Wittenberge lag der Hochwasserscheitel bei 7,30 Metern – nur vier Zentimeter niedriger als bei der Jahrhundertflut vom August 2002. Damals bewahrten nur tausende Sandsäcke und der Einsatz von Amphibienfahrzeugen der Bundeswehr den Landstrich vor einer Überflutung. Heute ist dagegen bis zur Deichoberkante noch genügend Platz. „Das Geld der Steuerzahler ist hier wirklich gut eingesetzt worden“, sagte der Chef des Landesumweltamtes, Matthias Freude. „Nur wenige Kilometer Deich haben wir noch nicht erneuert, und prompt rutschten hier größere Erdmassen ab.“ Mit Kiesladungen und Sandsackbarrieren seien die Löcher geschlossen. Auch der „Böse Ort“, wo die Elbe bis zum vergangenen Jahr eine 90-Grad-Biegung machen musste, sei dank der Rückverlegung der Deiche heute ganz friedlich.

Auch hier in der Prignitz zeigt sich, dass weite Teile Brandenburgs kein Wasser mehr aufnehmen können. Die Nebenflüsse der Elbe wie Havel und Mulde stauen sich auf und treten über die Ufer, weil sie nicht in den großen Strom abfließen können. „Die sonst kaum bekannte Löcknitz staut sich inzwischen rund 20 Kilometer von der Elbemündung zurück ins Landesinnere“, erklärte der Prignitzer Einsatzleiter Bode Schwiegk die Lage. „Sie wird ihr Wasser einfach nicht los, weil die Elbe viel zu stark angeschwollen ist.“ Um Gehöfte und Stallungen entlang der Löcknitz zu schützen, werden seit Freitag zwei Polder bei Lenzen geflutet. Diese insgesamt 2300 Hektar großen Niederungen waren zwar schon 1973 als Hochwasserschutz angelegt, aber bislang noch nie gebraucht worden. Durch zwei Öffnungen schießen jetzt bis zu sieben Kubikmeter Wasser auf Felder und Wiesen. Normalerweise fließt die Löcknitz maximal mit einem Kubikmeter pro Sekunde von den Ruhner Bergen in Mecklenburg durch die Prignitz zur Elbe.

So ganz trauen die Anrainer aber dem augenblicklichen Frieden in der Prignitz nicht. In der Stadt Wittenberge rief Bürgermeister Oliver Hermann die Einwohner auf, weiterhin beim Füllen der Sandsäcke zu helfen. Erst bei einer Reserve von 25 000 Säcken sei ein Katastrophenfall einigermaßen beherrschbar, sagt er. Am Abend fehlten nur noch einige hundert Stück. Claus-Dieter Steyer

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