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Brandenburg: Hoppegarten: Landesregierung schaltet Anwälte ein

Unregelmäßigkeiten bei der Rennbahn waren seit Jahren bekannt – aber niemand reagierte. Jetzt werden Regressforderungen geprüft

Potsdam/Hoppegarten - Die Fördermittel-Affäre um die Traditions-Rennbahn Hoppegarten weitet sich aus. Das Brandenburger Agrarministerium prüfe nach der Rüge des Landesrechnungshofes „Regressforderungen und juristische Schritte gegen frühere Amtsträger des Hauses“, sagt Sprecher Jens-Uwe Schade. Es sei eine Anwaltskanzlei eingeschaltet worden. Damit gerät vor allem Ex-Agrarstaatssekretär Hans-Hermann Bentrup (SPD) ins Visier. Außerdem wird die Rückforderung jener 2,5 Millionen Euro geprüft, die das Ministerium 1999/2000 nach Auffassung der Finanzkontrolleure ohne Rechtsgrundlage an die bundeseigene Treuhand-Nachfolgefirma BVVG überwiesen hatte, die Eigentümerin der Galopprennbahn ist und diese derzeit zum Verkauf anbietet. „Man kann die Zukunft von Hoppegarten nur gestalten, wenn Ungereimtheiten aus der Vergangenheit ausgeräumt sind“, sagt Schade.

Wie berichtet, hat der Rechnungshof in einem Prüfbericht die Zahlung der 2,5 Millionen Euro Landesmittel an die BVVG gerügt - als einen im Land Brandenburg „einmaligen Fall von Budgetflucht“. In Kenntnis gesetzt wurden die Finanzprüfer vom Berliner Anwalt Karl-Heinz Oehler, dem früheren Präsidenten des mittlerweile insolventen „Union-Klub von 1867“, der Pächter und Betreiber der Galopprennbahn war. Nach dem Tagesspiegel vorliegenden Dokumenten hatte Oehler bereits seit 2002 vergeblich versucht, Brandenburger Institutionen auf die Verschwendung aufmerksam zu machen und eine Rückforderung der 2,5 Millionen Euro zu veranlassen. „Es wurde nur gemauert, ich kam mir vor wie Don Quichotte“, berichtet Oehler. Er wies damals nicht nur das Agrarministerium auf die Unregelmäßigkeiten hin, sondern auch den Rechnungshof – ohne Konsequenzen. So informierte Oehler schon 2002/2003 direkt Rechnungshof-Direktor Klaus-Dieter Arlt, der als dienstältestes Mitglied des Kollegiums derzeit amtierend die Rolle des Präsidenten der Behörde wahrnimmt, über Ungereimtheiten bei der 2,5-Millionen-Transaktion. Arlt bestätigte dies – und erklärt seine Untätigkeit so: Er habe die Angelegenheit selbst nicht verfolgen können, „weil ich doppelt befangen gewesen wäre“. Er ist Vorsitzender des Vereins der Freunde der Galopprennbahn Hoppegarten und selbst Mitglied des Union-Klubs. Arlt veranlasste allerdings auch keine förmliche Prüfung durch den Hof. Diese begann erst nach einer Intervention von Oehler im November 2005 bei der damaligen Präsidentin Gisela von der Aue.

Oehler hatte nach eigenen Angaben festgestellt, dass die BVVG das vom Land treuhänderisch für Investitionen zur Verfügung gestellte Geld auf Festgeldkonten angelegt und bei der Tochter Galopprennbahn Hoppegarten GmbH (GHG) später als Einnahme verbucht hat, offenbar um Verluste zu decken. Oehler bezweifelt die BVVG-Darstellung, dass das Landes-Geld wirklich in die maroden Anlagen investiert wurde. Der Hoppegarten GmbH standen zu dieser Zeit ein Darlehen von neun Millionen Euro des Bundes und die 2,5 Millionen Euro aus Brandenburg zur Verfügung. Nach Schätzungen des Rechnungshofs sind aber im betreffendem Zeitraum insgesamt nur 2,5 Millionen Euro in die Galopprennbahn investiert worden. Sollte es sich dabei um die Landesmittel handeln, sind diese Ausgaben nicht konkret nachgewiesen. Wozu welches Geld genutzt wurde, ist unklar, da der Landesrechnungshof nach eigenen Angaben nicht eine bundeseigene Firma prüfen kann. Dies wäre Sache des Bundesrechnungshofes, hieß es auch im Agrarministerium.

Im Rechnungshofbericht findet sich dafür eine plausible Erklärung, warum das Agrarministerium trotz früher Hinweise das Landes-Geld nicht zurückforderte: Staatssekretär Bentrup saß selbst im Aufsichtsrat der bundeseigenen Hoppegarten GmbH. Und der Verbleib der Mittel bei der GmbH sei natürlich „in deren Interesse“ gewesen, so der Bericht.

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