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Brandenburg: Immer wieder Neuruppin

Die Staatsanwaltschaft ermittelt, weil die Politiker der Stadt wohl einem Schwindel aufgesessen sind Von Korruption ist die Rede. Im Zentrum steht ein Hotel, dessen Bau von der Stadt gefördert wurde

Neuruppin - Bürgermeister und Abgeordnete der Stadt Neuruppin sind beim Bau des neuen Vier-Sterne-Hotels am Seeufer offenbar einem großen Schwindler aufgesessen. Wie der seit dem vergangenen Jahr amtierende Bürgermeister Jens-Peter Golde gestern bestätigte, hatte die Investorengruppe SIN der Fontanestadt Mitte der Neunzigerjahre 200 Arbeitsplätze im 146-Zimmer-Hotel und im dazugehörenden Thermalbad versprochen. Nur dadurch habe man dem Unternehmen den Zuschlag für den Bau erteilt, sagte Golde, der damals als Abgeordneter dem Parlament angehörte. Heute ist jedoch nur von 20 Jobs im neuen Hotel die Rede, im Bad werden maximal 45 Personen beschäftigt. Und ob das Bad daneben überhaupt fertig gebaut wird, ist noch ungewiss.

Von der Stadt erhielt der Investor eine 13 Millionen Euro hohe Bürgschaft. Nur dadurch konnte sich die Firma SIN einen günstigen Kredit für das insgesamt mehr als 40 Millionen Euro teure Vorhaben besorgen. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft in dem Fall. In ihr Visier sind auch mehrere Abgeordnete geraten, die Zahlungen vom Hotelinvestor erhalten haben sollen. Es gibt den Verdacht, dass die Kommunalpolitiker in ihren Entscheidungen beeinflusst wurden. Deshalb hat auch die für Korruption zuständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft die Untersuchungen übernommen.

„Heute sind wir schlauer und der damalige Fehler würde uns nicht mehr passieren“, gestand der Bürgermeister ein. „Wir vertrauten auf die Seriosität eines erfolgreichen Herstellers von Einkaufswagen. Wir dachten, dass er auch im Hotelgeschäft erfolgreich sein könnte.“ Dabei seien die Abgeordneten wohl ziemlich „blauäugig“ gewesen. Man habe sich einfach von der Zusage blenden lassen, das Hotel und das Thermalbad ohne Fördermittel bauen zu können. Am Ende habe sich dann die Stadt für ein 13 Millionen Euro hohes Darlehen entschlossen, weil die Risiken als gering eingeschätzt worden waren.

Das gestrige Eingeständnis des Bürgermeisters überrascht umso mehr, weil Jens-Peter Golde bis zur Wahl zum Bürgermeister selbst ein Hotel in Neuruppin führte. Er wusste also, dass ein 300-Betten-Hotel niemals 200 Jobs bieten kann. „Für 14 Zimmer wird beispielsweise maximal im Hoteldurchschnitt ein Zimmermädchen gebraucht“, machte er selbst eine entlarvende Rechnung auf.

„Heute sind wir alle schlauer, damals haben wir alles falsch gemacht.“ Mit dieser Erklärung geben sich allerdings viele Neuruppiner nicht zufrieden. Falls das Hotel Pleite geht, muss die Stadt die 13- Millionen-Euro-Bürgschaft zahlen. Derzeit ist die Auslastung sehr gering. In Anzeigen wirbt das Haus mit Dumpingpreisen von 40 Euro pro Übernachtung.

Viele Einwohner hegen ernste Zweifel am Bau des Thermalbades, von dem jetzt nur die Bodenplatte fertig ist. Dabei sollte das große Bad nicht nur Hotelgäste nach Neuruppin locken, sondern auch viele normale Ausflügler. Die Stadt will jetzt dem Investor genau auf die Finger schauen, damit die ersten Becken Ende des Jahres doch noch gefüllt werden. Als besonderer Clou war eine 30 Meter vom Ufer entfernte Seesauna geplant.

Während sich der Bürgermeister darum mit aller Intensität kümmern will, wird er den Korruptions-Verdächtigungen gegen Abgeordnete und seinen Vorgänger im Amt nicht nachgehen. „Das ist deren Privatsache und höchstens Sache der Staatsanwaltschaft.“ Wie berichtet, soll ein früherer CDU-Abgeordneter von den Hotelinvestoren ein Darlehen von 100 000 Euro erhalten haben. Auch der Sohn des einstigen Bürgermeisters und heutigen Landtagsabgeordneten Otto Theel (PDS) wurde vom Unternehmen mit 70 000 Euro bedacht. Sohn Andreas arbeitet heute als Marketingleiter des Hotels.

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