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Brandenburg: Jede dritte Brandenburger Vorschrift ist ungültig Die Landesregierung hat es versäumt, die Normen elektronisch zu erfassen.

Deshalb verlieren sie laut Gesetz ihre Geltung. Jetzt muss das Kabinett tricksen

Potsdam - Geht es nach dem Gesetz – dann ist gegenwärtig fast jede dritte Vorschrift des Landes ungültig: Am 31. Dezember 2004 lief eine Frist ab, die das Parlament der Landesregierung gesetzt hat. Alle Gesetze, Verordnungen und Vorschriften Brandenburgs, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht elektronisch erfasst wären, „sollen ihre Geltung verlieren“. So steht es in dem am 10. Juli 2003 beschlossenen „Haushaltssicherungs-Gesetz.“ Die Erfassung der Vorschriften im Computer wird in dem Paragrafen zur „Vermeidung und Reduzierung von Normen und Standards“ geregelt und soll unter anderem dazu dienen, die Regeln im Internet veröffentlichen zu können, wo sie jedem Betroffenen zugänglich sind. Mit der Frist sollte Druck auf die Verwaltung ausgeübt werden, der Vorgabe auch wirklich zu folgen.

Doch zum Stichtag 10. Februar 2005 – fast sechs Wochen nach dem Termin – waren laut einer Kabinettsvorlage von den 2628 Vorschriften erst 1821 in dem eigens geschaffenen Programm „Bravors“ gespeichert. 807 also sind nach dem Willen des Landtages ungültig. Um welche Vorschriften es sich dabei handelt, steht nicht in der Vorlage aus dem Haus der Justizministerin Beate Blechinger (CDU), die nach Tagesspiegel-Informationen am Dienstag im Kabinett beschlossen werden soll.

Blechinger will das Versäumnis mit einem Trick beheben: Die abgelaufene Frist soll nachträglich auf den 31. März 2005 verlängert werden. Das Parlament will Blechinger, die als CDU-Fraktionschefin im Landtag das damalige Gesetz mit verabschiedet hatte, dabei außen vor lassen. „Eine Beteiligung des Landtages ist nicht erforderlich“, heißt es in der Vorlage.

Stattdessen haben sich die Justiz-Ministerialen bei der Erarbeitung der Vorlage alle Mühe gegeben, den formulierten Willen des Parlaments umzudeuten: „Entgegen erstem Anschein“ enthalte der Paragraf „keine unmittelbare Regelung über das Außer-Kraft-Treten der nicht erfassten Verwaltungsvorschriften“, heißt es. Es bleibe offen, „wie und unter welchen Voraussetzungen“ dies geschehen solle. Klarer gesagt: Es fehle fürs Außer-Kraft-Setzen eine genau Ausführungsbestimmung, da könne man leider nichts machen.

Besonders säumig bei der Computererfassung ihrer Vorschriften sind übrigens ausgerechnet die Verwaltungen von Finanzminister Rainer Speer (SPD) und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) – die sich als Vorreiter für Bürokratieabbau und „E-Government“ in der Landesverwaltung sehen. Das Innenministerium muss noch 438 von 864 Vorschriften, das Finanzministerium noch 430 von 460 Vorschriften erfassen. Das Finanzministerium wollte die Ablauf-Frist für nicht erfasste Regelungen sogar gleich bis Mitte April verlängern lassen.

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