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Brandenburg: JungeStraftäter sollenHaft ohne Gitter absitzen

Justizministerin Blechinger plant neue Resozialisierungmodelle mit offenen Heimen

Potsdam - Brandenburgs Justizministerin Beate Blechinger (CDU) will im Jugendstrafvollzug zwei neue offene Heime einrichten lassen – ohne Gitter, ohne Bewachung. „Wir wollen neue Wege gehen, um die hohe Rückfallquote bei Jugendstrafgefangenen zu senken“, sagte Blechinger am Mittwoch in Potsdam. In den beiden Heimen, die in der Nähe von Strausberg (Märkisch-Oderland) und in Liepe bei Eberswalde (Barnim) geplant sind, sollen schwerkriminelle Jugendliche künftig das letzte Jahr ihrer Haftstrafe verbüßen – unter intensiver pädagogischer und psychologischer Betreuung. „Sie sollen unter Echtzeitbedingungen auf ein eigenständiges Leben vorbereitet werden“, erläuterte Blechinger, die Pädagogin ist. Brandenburg übernehme damit ein erfolgreiches Projekt aus Baden-Württemberg. Die Modellprojekte sind nicht nur für junge Brandenburger Kriminelle gedacht: In dem Heim in Liepe, das das Evangelische Jugendhilfswerk betreiben soll, sind sechs der zwölf Plätze in Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Justiz für junge Berliner Häftlinge vorgesehen. Das Heim bei Strausberg mit 24 Plätzen will der Caritasverband führen.

Blechinger wies darauf hin, dass die Hürden für Haftstrafen im Jugendstrafrecht sehr hoch sind, es um eine schwierige Klientel gehe. Wer als Jugendlicher im Strafvollzug sitze, habe „meist schon eine massive kriminelle Karriere hinter sich“, so die Ministerin. In Brandenburg sitzen derzeit 286 Jugendstrafgefangene in Justizvollzugsanstalten, wobei es 345 Haftplätze für Jugendliche gibt. Die Rückfallquote ist nach bundesweiten Erhebungen mit 60 bis 75 Prozent hoch. Eine Ursache ist nach Ansicht Blechingers, dass der Übergang von der „geregelten“ Haft zur Freiheit zu abrupt erfolgt, die Jugendlichen nach der Entlassung aus der Haft oft in alte Milieus und Gewohnheiten abrutschen.

Dort setzt das Konzept der beiden Einrichtungen an. Dass sie erst Anfang 2007 ihre Arbeit aufnehmen, wurde mit umfangreichen Vorbereitungen begründet. Die Verhandlungen mit den Trägern seien weitgehend abgeschlossen, aber die Finanzierung noch nicht abschließend geklärt, so das Ministerium. Weil es um eine intensive Begleitung der Jugendlichen geht – ein Betreuer für zwei Jugendliche – ist das Vorhaben teuer. Blechinger bezifferte die Kosten auf jährlich rund 1,5 Millionen Euro. Sie sollen aus anderen Töpfen des Justizministeriums umgeschichtet werden, wofür die Zustimmung des Kabinetts nötig ist. In der Koalition wird aufmerksam registriert, dass die CDU-Justizministerin mit dem Vorhaben rechtspolitisch einen deutlich liberaleren Akzent zur Bekämpfung der Jugendkriminalität setzt als die Innenpolitiker der Union.

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