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Brandenburg: Justiz entlässt gefährlichen Sexualtäter

Generalstaatsanwalt und Ministerium ahnungslos

Potsdam - Neue Justiz-Affäre im Land Brandenburg: Es geht um den Sexualstraftäter Uwe K., der 1992 bis 1995 in Falkensee neun Mädchen gequält und vergewaltigt hatte, deshalb 11 Jahre Haft verbüßte, aber nach wie vor als gefährlich gilt. Nach Tagesspiegel-Recherchen ist der 42-Jährige bereits vor über einer Woche vorzeitig und in aller Stille aus der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel unter Auflagen entlassen worden – ohne Wissen des Justizministeriums, des Generalstaatsanwalts Erardo Rautenberg, des Innenministeriums und der Polizei. Alle betonen, dass sie erst am gestrigen Freitag davon erfahren hätten.

Das ist ein Politikum: Denn Uwe K. kommt nur aufgrund einer formalen Gesetzeslücke frei. Der Fall ist seit Wochen Chefsache in der Regierung, das Kabinett befasste sich zwei Mal damit – mit dem Ziel, dass Männer wie Uwe K. hinter Gittern bleiben. Anfang Januar hat Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) gegenüber Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) darauf gedrängt, diese Gesetzeslücke bei der sogenannten „nachträglichen Sicherungsverwahrung“ zu schließen. In einem Beitrag für den Tagesspiegel hatte Rautenberg am 22. Januar gewarnt, dass der Mann „Anfang Februar“ freikomme werde und in diesem Zusammenhang von „menschlichen Zeitbomben“ gesprochen. Zur gleichen Zeit lief schon das reguläre Entlassungsverfahren, in das auch die ihm unterstehende Staatsanwaltschaft Potsdam involviert war. Der ehemalige Strafgefangene ist am 25. Januar nach einem entsprechenden Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichtes Potsdam entlassen worden, bestätigte inzwischen der Sprecher des Justizministeriums, Thomas Melzer. Justizstaatssekretär Günter Reitz habe davon erst am Freitag erfahren. Justizministerin Beate Blechinger befindet sich im Urlaub. Rautenberg sprach von einem „Kommunikationsproblem“.

Ahnungslos gelassen wurde aber auch die Polizei der Stadt Brandenburg. Erst am Freitag wurde sie von der Staatsanwaltschaft Potsdam informiert, dass der Mann, den selbst der Generalstaatsanwalt weiterhin für gefährlich hält, seit Tagen frei ist. Schutzbereichsleiter Sven Bogacz ließ Uwe K. gestern aus Sorge vor weiteren Straftaten „in Gewahrsam“ nehmen. Ob er dort bleibt, wird heute ein Gericht entscheiden.

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