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Brandenburg: Klosterkirche Neuzelle: Kummer im Barockwunder

Von vorweihnachtlicher Ruhe und Besinnlichkeit konnte in der alten Klosteranlage Neuzelle in den vergangenen Tagen keine Rede sein. Das lag weniger an den Vorbereitungen auf die festlichen Gottesdienste am Heiligen Abend und an den Feiertagen in der prachtvollen Barockkirche.

Von vorweihnachtlicher Ruhe und Besinnlichkeit konnte in der alten Klosteranlage Neuzelle in den vergangenen Tagen keine Rede sein. Das lag weniger an den Vorbereitungen auf die festlichen Gottesdienste am Heiligen Abend und an den Feiertagen in der prachtvollen Barockkirche. In Neuzelle erhitzte ein Beschluss des Kreistages Oder-Spree viele Gemüter. Demnach zieht sich der Kreis von dem in der Klausur des Zisterzienser-Ensembles untergebrachten Gymnasium schrittweise zurück. Durch den starken Rückgang der Schülerzahlen wird ab dem Schuljahr 2002/2003 keine 7. Klasse mehr aufgenommen. Als Ausweich bleibt ein Gymnasium im nahen Eisenhüttenstadt.

Doch die das Kloster verwaltende Stiftung braucht unbedingt eine Schule auf dem Gelände. "Sonst gehen uns die zugesagten 23 Millionen Mark Fördermittel für Restaurierungsarbeiten verloren", sagt der Geschäftsführer der Stiftung Stift Neuzelle, Walter Ederer. Er kämpft deshalb um einen privaten Schulträger, stößt damit allerdings auf den Widerstand der Schüler und Lehrer. Die wollen möglichst alles so behalten, wie es ist: eine staatliche Schule mit starker Ausrichtung auf den polnischen Nachbarn.

Derzeit besuchen 582 Schüler in den Klassen 7 bis 13 das Gymnasium. 66 Mädchen und Jungen kommen aus Gebieten östlich der Oder, die hier wie an vier anderen Brandenburger Schulen das Abitur ablegen. "Bei einem privaten Träger befürchten wir das Ende unseres internationalen Projektes", sagt Lehrersprecherin Astrid Nauck. Doch das Potsdamer Bildungsministerium winkte schon ab. Eine gewünschte Trägerschaft des Landes sei unmöglich, hieß es. Das Schulgesetz sehe nur kommunale oder freie Träger vor. Eine Ausnahme gibt es bislang nur für das Niedersorbische Gymnasium in Cottbus, das sich der Erhaltung der sorbischen Sprache und Kultur verschrieben hat. In Sachsen und Sachsen-Anhalt werden dagegen mehrere Schulen direkt vom jeweiligen Ministerium verwaltet.

"Leerstand hätte schlimme Folgen"

Stiftungschef Ederer will deshalb unbedingt ein Ende des Schulbetriebes auf seinem Gelände verhindern. Nicht nur Mieteinnahmen würden sonst der Stiftung fehlen. "Leerstand muss in den alten Gemäuern unbedingt vermieden werden, denn der hätte schlimme Folgen", sagt er. Die jetzt noch vom Gymnasium genutzten Gebäude eigneten sich ohnehin nur für eine Schule. Der Umbau für eine andere Nutzung würde die jetzt veranschlagten 23 Millionen Mark mit Sicherheit übersteigen. "Es ist allerdings höchst fraglich, ob wir überhaupt einen anderen Interessenten für unsere etwas abseits gelegene Anlage begeistern können", meint Walter Ederer.

Die Fördermittel sind sowohl für das alte Schulgebäude als auch für das Internat bestimmt. Letzteres kann wegen erheblicher Baumängel schon seit einiger Zeit nicht mehr genutzt werden. Die Schüler mussten nach Eisenhüttenstadt umziehen. Ederer glaubt, dass ein privater Bildungsträger durchaus das deutsch-polnische Projekt fortsetzen könne. Wichtig sei die Anerkennung durch das Bildungsministerium. Noch reiche die Zeit für Gespräche mit Schulträgern aus. "Gewissermaßen kommt uns da die klare Entscheidung des Kreistages gegen eine Fortsetzung der kommunalen Trägerschaft entgegen. Jetzt wissen wir, woran wir sind", meint der Geschäftsführer. Die geplante Sanierung der Schule und des Internats gehören zum großen Bauplan für das 8000 Quadratmeter große Areal. Die Klosterkirche erstrahlt bereits innen und außen im neuen Glanz, während die Stiftskirche noch restauriert werden muss. Auch der Klostergarten in Richtung Oder erhält langsam wieder sein altes Aussehen. 300 Bäume mussten weichen, um die alten Sichtachsen wieder herzustellen. Neuzelle war erst 1817 als letztes deutsches Zisterzienserkloster durch den preußischen König aufgehoben und in ein Stift umgewandelt worden. Zwei Jahre zuvor hatte die Niederlausitz den Wechsel von Sachsen zu Preußen vollzogen. Die große Klosterkirche - gemeinhin das "Barockwunder der Mark Brandenburg" genannt - kann täglich besichtigt werden.

Böhmische Meister schufen im Inneren ein Kunstwerk, das den Betrachter durch die Fülle der Ausstattung förmlich erschlägt. Auskünfte zu den Besichtigungszeiten unter Telefon 033652/8140 (Stiftung) oder 033652/282 (Pfarramt).

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