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Kommentar: Spargel allein genügt nicht

Selbst auf den Spargel ist kein Verlass mehr, stellt Claus-Dieter Steyer fest. Nur mit neuen Ideen lassen sich die Berliner wieder ins brandenburgische Umland locken.

Wenn in Brandenburg der Spargel sprießt, lassen sich die Berliner nicht lange bitten. Sie machen sich auf den Weg zu den Höfen rund um Beelitz, im Spreewald oder in den anderen Himmelsrichtungen rund um die Großstadt. Hier schätzen sie die Frische des Edelgemüses, genießen die Stangen bei Schnitzel oder Fisch und lassen sich meist noch ein Paket einpacken. Bei den Bauern klingeln die Kassen, was jeder sieht: So schön wie die Spargelhöfe präsentiert sich so schnell kein anderer Agrarbetrieb.

Doch selbst in dieser Branche gibt es keine Wachstumsgarantie. Die Spargelbauern, die seit 1990 jedes Jahr immer neue Kapitel ihrer Erfolgsgeschichte schrieben, müssen sich immer mehr vom Land- zum Erlebniswirt wandeln. Der Bedarf an Spargel ist in der Region gedeckt. Mehr als knapp zwei Kilogramm, die jeder Haushalt pro Saison im Schnitt verdrückt, sind nicht zu verkaufen. Außerdem macht den Brandenburger Bauern immer stärker billiger polnischer Spargel zu schaffen, auch weil sich mancher Straßenhändler einfach nur mit dem Prädikat „Beelitz“ schmückt. Beim Nachfragen fliegt das schnell auf, aber die gesparten Euro führen trotz aller Bedenken oft doch zum Kauf. Dank der offenen Grenze ist die Frische keine Problem mehr.

Gestiegene Spritpreise dämpfen zudem mehr und mehr die Lust auf Landpartien. Während es noch vor einigen Jahren mindestens jedes zweite Wochenende hinaus zum Spargelessen ging, beschränken sich die meisten Familien auf nur noch einen Ausflug in der bis 24. Juni dauernden Saison. Die Folgen sind im Landkreis Ostprignitz-Ruppin abzulesen. Dort ging die Anbaufläche im Vergleich zu 2007 um 50 Hektar zurück.

Nur mit neuen Ideen lassen sich wieder mehr Berliner als stärkste Kundschaft auf die Höfe locken. Gerade der Großstädter braucht Erlebnisangebote jenseits eines vollen Spargeltellers. Kinder wünschen sich einen Streichelzoo und Ponyreiten, Jugendliche Fahrten auf einem Trecker oder einen BMX-Parcours, und die Erwachsenen wollen auch mal selbst eine Stange stechen oder sich von Blasmusik unterhalten lassen.

Beispiele gibt es in Klaistow, in Mötzow oder Hoppenrade. Manchmal genügen Hinweise auf die nächste Windmühle oder die nächste Beobachtungskanzel an einem Naturschutzgebiet. Das hat auch die Vermarktungsorganisation „pro agro“ erkannt, die einen Faltplan mit Höfen und nahe Ausflugszielen anbietet. Auch die Internetadresse „Spargelland-Brandenburg“ feiert Premiere. Jetzt müssen nur noch die Bauern nachziehen und mehr tun als nur Spargel verkaufen.

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