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Brandenburg: Land Brandenburg: Gute Daten, schlechte Noten

Eine gute und eine schlechte Nachricht für Manfred Stolpe: Brandenburg ist in der Wirtschafts- und Sozialentwicklung der Spitzenreiter unter den neuen Ländern. Das hat eine jetzt veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung ergeben.

Eine gute und eine schlechte Nachricht für Manfred Stolpe: Brandenburg ist in der Wirtschafts- und Sozialentwicklung der Spitzenreiter unter den neuen Ländern. Das hat eine jetzt veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung ergeben. Dass er nach elfjähriger Amtszeit das "Musterländle" im Osten regiert, welches sogar Sachsen und Thüringen hinter sich lässt, vom Armenhaus Mecklenburg-Vorpommern gar nicht zu reden, dürfte den Ministerpräsidenten erfreuen. Pech nur, dass auch untersucht wurde, wie "aktiv" Politik in jedem Bundesland ist, um die Wirtschaft anzukurbeln, um soziale wie innere Sicherheit zu gewährleisten. Und siehe da, plötzlich landet Stolpes Reich abgeschlagen auf dem letzten Platz, nicht nur im Osten, sondern sogar im Vergleich aller Länder.

Wie passen objektiv gute Daten und das peinliche Regierungs-Zeugnis zusammen? Das ist nur scheinbar ein Widerspruch. Dass Brandenburg von der wachsenden Ausstrahlung Berlins profitiert, dass es anders als Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen oder Thüringen eben nicht allein auf eigene Kraft und Kreativität angewiesen ist, hören märkische Politiker nicht sonderlich gern. Trotzdem bleibt es das einzige neue Land, das auf den bequemen Berliner Zusatzmotor zurückgreifen kann, der eigene Versäumnisse ausgleicht und für neue Steuerzahler sorgt.

Der "Speckgürtel" setzt inzwischen schneller Speck an als die Metropole selbst, die bei den Wirtschafts- und Sozialdaten schlechter abschneidet als Brandenburg. Und das schlechte Qualitätssiegel für die Potsdamer Politik? Beim genaueren Hinsehen auch keine Überraschung. Denn der Untersuchungszeitraum umfasst die letzten Jahre der früheren SPD-Alleinregierung. Dass damals hierzulande Stagnation herrschte, bestreiten heute selbst Sozialdemokraten nicht mehr - und träumen schon wieder von der Alleinherrschaft.

Man ahnt jedoch, wo die "Hauptstadtregion" stehen könnte, wenn die damals noch reichlich vorhandenen Ressourcen in eine moderne, intelligente Wirtschafts- und Wissenschaftspolitik investiert worden wären - anstatt in Wünsdorf und Lausitzring, Massen-ABM und den bundesweiten Höchststandard in der Kita-Betreuung. Aber hat es, wie oft behauptet wird, mit der Großen Koalition wirklich schon eine richtige Kehrtwende gegeben? Würde Brandenburgs kaum über den Tellerrand blickende Politik heute im Ländervergleich ein deutlich besseres Zeugnis erhalten? Das scheint gar nicht so sicher, zumal die Konkurrenz nicht schläft.

Unbestritten, es weht frischer Reformwind. So ist mit der "Zukunftsagentur Brandenburg" der frühere Behördendschungel für Investoren gelichtet worden. Aber wie kommt es, dass der frühere Spitzenreiter beim Wirtschaftswachstum in Ostdeutschland inzwischen das Schlusslicht bildet - trotz Großer Koalition und Berlin-Bonus? Wo hat das rot-schwarze Bündnis im Landeshaushalt wirklich strukturell andere Prioritäten gesetzt? Bei den Hochschulausgaben, Seismograph für kluge, langfristige Standortstrategien, trägt Brandenburg wie eh und je Deutschlands rote Laterne. Und die Wirtschaftspolitik? Die ist momentan allein auf die geplante Chipfabrik in Frankfurt fixiert.

Unbestritten ist das Milliardenprojekt eine große Chance, nicht nur für die darbende Grenzregion. Doch die Signale stimmen nicht sonderlich ermutigend. Nach monatelangen Geheimverhandlungen sind offenbar noch nicht einmal die von Wirtschaftsminister Fürniß voreilig als sichere Großfinanziers vorgestellten Öl-Scheichs von Dubai fest im Boot, ganz zu schweigen von nötigen weiteren Investoren. Die Zeit droht davonzulaufen. Bei dem bisher wichtigsten Ansiedlungsvorhaben der Großen Koalition geht es um viel: Sollte der Traum von "Oder Valley" platzen, wäre dies ein schwerer Rückschlag für den Wirtschaftsstandort Brandenburg.

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