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Brandenburg: Preußens Glanz zerbricht

Claus-Dieter Steyer

Mit der so gern und oft beschriebenen Harmonie von Preußens Schlössern und Gärten könnte es bald vorbei sein. Sie drohen nach den ungenügenden Ausgaben für die Pflege in den vergangenen Jahrzehnten buchstäblich in sich zusammenzubrechen oder im Falle der Gärten zu beliebigen Vergnügungsparks ohne besonderen Wert zu verkommen. Nur mit Zuschüssen in der schier unvorstellbaren Höhe von 730 Millionen Euro kann die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten das Schlimmste im nächsten Vierteljahrhundert verhindern. Das bedeutet eine Verdrei- bis Vervierfachung der bisherigen jährlichen Ausgaben für den Bausektor. Die Entscheidung darüber liegt beim Bundestag sowie den Parlamenten in Berlin und Brandenburg, die über den Haushalt der Stiftung zu bestimmen haben. Bisher gibt es noch keine festen Zusagen. Im Herbst stehen überall die Verhandlungen über die Verteilung des Geldes der Steuerzahler an.

Natürlich gibt es in jeder Branche Begehrlichkeiten. Aber dass die Schlösserstiftung überhaupt so einen dramatischen Hilferuf an die Öffentlichkeit verfassen muss, zeugt vom wenig engagierten Umgang mit den aus der Vergangenheit überlassenen Schätzen. Wie kann es sein, dass das Neue Palais im Park Sanssouci immer mehr Räume für Besucher sperren muss, die Römischen Bäder abzurutschen drohen, im Orangerieschloss der Putz von der Decke fällt, an den Communs noch nicht einmal alle Kriegsschäden beseitigt sind und das Schloss Babelsberg immer mehr zur Ruine wird? Dabei handelt es sich um Sehenswürdigkeiten, die sogar auf der Liste des Unesco-Weltkulturerbes stehen. Noch, muss man hinzufügen.

In Brandenburg dürfte es um die Finanzspritze gar keine Diskussionen geben. Schließlich gehört der Tourismus zu den viel diskutierten Wachstumsbranchen, genau wie die Industrie für erneuerbare Energien, die Biotechnologie oder die optische Industrie. Viel Geld ist auch wirklich vorhanden, nur wird es entgegen aller Versprechungen im Tourismus nach wie vor oft im Gießkannenprinzip verteilt. Da freuen sich dünn besiedelte Regionen über immer neue Radwege, Kanu-Stützpunkte, Marinas und eigene Marketinggesellschaften. Zeitgleich gehen die Potsdamer Aushängeschilder sowie ein Drittel aller 500 Brandenburger Schlösser und unzählige Kirchen für immer verloren.

Die Schlösserstiftung muss sich den Vorwurf gefallen lassen, lange Zeit viel zu zaghaft auf den katastrophalen Zustand der Häuser aufmerksam gemacht zu haben. Denn was nützen endlose Debatten über den freiwilligen Parkeintritt, Bußgelder für Rasenlatscher oder die Schließung oder Verlegung des Strandbades Babelsberg, wenn das Wichtigste nicht mehr steht: die jetzt noch so viel Harmonie ausstrahlenden Schlösser und Gärten.

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