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Brandenburg: Schmökel-Affäre: Ziel darf Akten sehen

Brandenburgs Datenschutzbeauftragter Alexander Dix hat Bedenken angemeldet, dass die unabhängige Expertenkommission zur Untersuchung der Schmökel-Affäre Einsicht in die Patientenakte des Triebtäters nimmt - und nicht das Ministerium von Gesundheitsminister Alwin Ziel (SPD) selbst. Das bestätigte Dix am Montag.

Brandenburgs Datenschutzbeauftragter Alexander Dix hat Bedenken angemeldet, dass die unabhängige Expertenkommission zur Untersuchung der Schmökel-Affäre Einsicht in die Patientenakte des Triebtäters nimmt - und nicht das Ministerium von Gesundheitsminister Alwin Ziel (SPD) selbst. Das bestätigte Dix am Montag. Nach der Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten hat Ziel als Leiter der Fachaufsicht über den Maßregelvollzug im Land auch selbst ausdrücklich die Befugnis, Patientenakten in schweren Fällen wie Schmökel einzusehen. Genau das hat der Gesundheitsminister - dessen Rücktritt nach der Schmökel-Affäre gefordert worden war - bestritten. Ziel hatte auf die von ihm eingesetzte Expertenkommission verwiesen.

Es handle sich um Unterlagen wie Therapieaufzeichnungen, die der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen, sagte Dix gegenüber dieser Zeitung. Dieses Gebot könne nicht ohne Weiteres durch eine Kommission aus externen Experten durchbrochen werden, die ohne eindeutige Grundlage agiere. "Wir haben das Gesundheitsministerium auf dieses Problem hingewiesen." Die Kommission, die vom früheren nordrheinwestfälischen Innenminister Herbert Schnoor geleitet wird und bis Februar ihren Abschlussbericht vorlegen will, steht nach Auffassung des Datenschutzbeauftragten schließlich "in keinem rechtlichen Bezug zur Fachaufsicht" des Ministeriums.

Die Stellungnahme von Dix, die dem Ministerium seit einigen Tagen vorliegt, ist politisch brisant: Denn der Datenschutzbeauftragte widerspricht damit faktisch einem bisherigen Hauptargument Ziels, dessen Rücktritt die PDS-Opposition unter anderem deshalb forderte, weil er nach der Schmökel-Flucht "unübersehbare Anzeichen von Überforderung" (Michael Schumann) gezeigt habe. So war regierungsintern kritisiert worden, dass das für die Unterbringung Schmökels zuständige Ziel-Ressort sich zunächst für unzuständig erklärt hatte. Außerdem hatte Ziel zuletzt im Tagesspiegel-Interview wiederholt, dass er als Minister schon aus Datenschutzgründen selbst gar keine Patientenakten einsehen dürfe. In Bezug auf geforderte personelle Konsequenzen gegen bisherige Gutachter, die den begleiteten Ausgang Schmökels genehmigten, verwies der Minister stets auf die Expertenkommission. Ziels Sprecherin Francine Jobatey bekräftigte auf Anfrage die bisherige Position des Ministeriums.

Dass jetzt ausgerechnet der strenge Landesdatenschutzbeauftragte, der die Rechtslage nach eigenem Bekunden gründlich geprüft hat, den Minister über dessen Kompetenzen belehrt, wird in Regierungskreisen als "peinlich" für Ziel gewertet: Richtig sei zwar, dass ein Minister "nicht beliebige Patientenakten einsehen dürfe", argumentiert Dix. Aber in solch schwerwiegenden Fällen wie bei Schmökel, "wo Misstände aufgeklärt werden müssen, ist der Minister als Leiter der Fachaufsicht eindeutig zur Einsicht befugt". Um das Hoheitsproblem der von Ziel ins Leben gerufenen Expertenkommission zu lösen, empfiehlt der Datenschutzbeauftragte, die beiden Ärzte der Kommission "vorrübergehend ins Ministerium abzuordnen". Der Nachteil: Damit könnte das Prinzip der Unabhängigkeit der Kommission berührt sein. Keine Bedenken hat Dix dagegen mit dem Vorgehen Ziels, der inzwischen die Sicherungsmaßnahmen des Maßregelvollzuges verschärfen ließ, alle Patientenakten von Brandenburger Maßregelanstalten durch renommierte forensische Institute überprüfen zu lassen. Da dies anonymisiert geschehe, sei dies "unproblematisch".

Vor einem Jahr gab es im Justizministerium ein ähnlich gelagertes Problem. Um den zuvor wegen vieler Fluchten in Misskredit geratenen Strafvollzug sicherer zu machen, hatte Minister Kurt Schelter (CDU) daher kurz nach Amtsantritt unter anderem angewiesen, dass für alle Lockerungsentscheidungen der Haftanstalten bei gefährlichen Gewalt- und Sexualverbrechern letztlich das Ministerium grünes Licht geben müsse. Für den Maßregelzug hat Ziel eine solche Praxis bislang abgelehnt, was er ebenfalls mit juristischen Schwierigkeiten begründete.

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