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Brandenburg: Trennungsgeld-Skandal: Oberster Richter tritt zurück

Peter Macke reagierte auf Affäre, die immer mehr Juristen belastet. Ministerin leitet Diszplinarverfahren gegen Gerichtspräsidenten Liebert ein

Von Michael Mara

und Thorsten Metzner

Potsdam. Der Trennungsgeld-Skandal fordert erste personelle Konsequenzen an der Spitze der Brandenburger Justiz. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) teilte nach der gestrigen Kabinettsitzung mit, dass Verfassungsgerichts-Präsident Peter Macke am heutigen Mittwoch den Landtagspräsidenten offiziell um seine Abberufung bitten werde. Macke wolle außerdem Trennungs-Entschädigungen in Höhe von 3000 Euro unaufgefordert zurückzahlen. Gegen den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichtes Frankfurt (Oder), Dieter Liebert, würden disziplinarrechtliche Schritte eingeleitet, sagte Platzeck weiter. Justizministerin Barbara Richstein (CDU) werde seine Suspendierung beim zuständigen Richterdienstgericht beantragen. Im Gegensatz zu Macke wird Liebert vorgeworfen, zwischen 1993 und 1996 Trennungsgeld „in erheblicher Höhe“ durch falsche Angaben erschlichen haben. Nach Tagesspiegel-Recherchen soll Liebert, der gestern nicht erreichbar war, insgesamt über 50000 Euro zu Unrecht kassiert haben.

Hingegen habe Verfassungsgerichts-Präsident Macke, wie Platzeck betonte, die Anträge auf Trennungs-Entschädigung wegen getrenntem Dienst- und Arbeitsort korrekt ausgefüllt und nichts verschleiert. „Ihm ist nicht das Geringste vorzuwerfen.“ Er habe großen Respekt vor der Entscheidung Mackes, der damit jeden bösen Schein vom höchsten Gericht des Landes nehmen wolle.

Macke selbst erklärte zu seinem Rücktritt, das Verfassungsgericht solle nicht in Zusammenhang mit einem Präsidenten gesehen werden, „dessen Verhalten in der Öffentlichkeit bei dem Bezug von Trennungsgeld als fragwürdig empfunden wird“. Eigenen Angaben zufolge hat er zeitweise in einer Wohnung seiner Ehefrau gelebt und an diese eine Miete von monatlich rund 400 Euro gezahlt, die ihm im Rahmen des Trennungsgeldes bewilligt wurde. Dies sei juristisch nicht zu beanstanden, er akzeptiere aber, dass dies öffentlich nicht zu vermitteln sei. Macke will weiterhin Präsident des Oberlandesgerichtes bleiben bis er im November regulär in den Ruhestand geht. Auch Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg wird laut Platzeck 5000 Euro zuviel erhaltene Trennungs-Entschädigungen zurückzahlen, obwohl er korrekte Angaben gemacht habe. Die Landesregierung habe volles Vertrauen zu ihm.

Wie berichtet hatte Justizministerin Richstein eine Überprüfung der Trennungsgeld-Zahlungen im Justizministerium angeordnet, nachdem Vorwürfe gegen Ex-Justizstaatssekretär Gustav-Adolf Stange bekannt geworden waren. Die eingesetzte externe Kommission beanstandete 33 Vorgänge. In drei Fällen ist laut Platzeck davon auszugehen, dass von den Antragstellern unrichtige Angaben gemacht wurden. Neben dem Frankfurter Verwaltungsgerichtspräsidenten Liebert soll es sich dabei nach Tagesspiegel-Informationen um einen Beamten im Justizministerium und einen Staatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft handeln. Gegen alle werden Disziplinarverfahren eingeleitet. Die übrigen 30 beanstandeten Fälle gehen auf Rechtsfehler des Justizministeriums bei der Bewilligung zurück. Justizminister war damals Hans-Otto Bräutigam. In 20 Fällen wird jetzt geprüft, ob Geld zurückgefordert werden kann. Weitere zehn Fälle sind bereits verjährt.

Als Konsequenz aus dem Skandal im Justizministerium hat Platzeck die Überprüfung der gesamten Trennungsgeld-Praxis der Landesregierung gestern zur Chefsache gemacht. Staatskanzlei-Chef Rainer Speer soll eventuelle weitere Verstöße in den übrigen Ministerien untersuchen. Die Ermittlungsführung wird Wolfhart Schulz von der Fachhochschule des Bundes für Öffentliche Verwaltung übernehmen. Er ist Dozent und Kommentator für Trennungsgeldrecht. Platzeck sagte, die Landesregierung dringe darauf, mögliche weitere überhöhte oder zu Unrecht gewährte Trennungsgeld-Zahlungen „so schnell und umfassend wie möglich aufzuklären“. Dies auch im Interesse aller Mitarbeiter der Landesverwaltung, die sonst unter Generalverdacht stünden. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) sprach von einer „Vertrauenskrise", die nur durch rückhaltlose Aufklärung zu beenden sei.

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