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Brandenburg: Weinernte: Geplatzte Traubenträume

Die diesjährige Weinernte auf dem Wachtelberg über der Havel in Werder fällt mager aus. "So einen regenreichen September hatten wir lange nicht", sagte Winzer Manfred Lindicke zur Eröffnung der gestrigen Lese in seinem fünf Hektar großen Anbaugebiet.

Die diesjährige Weinernte auf dem Wachtelberg über der Havel in Werder fällt mager aus. "So einen regenreichen September hatten wir lange nicht", sagte Winzer Manfred Lindicke zur Eröffnung der gestrigen Lese in seinem fünf Hektar großen Anbaugebiet. Die Folgen sah jeder Erntehelfer auf den ersten Blick: Viele Trauben sind verfault oder geplatzt. Gut ein Drittel liegt der Ertrag deshalb unter dem Vorjahresergebnis.

Dennoch ließen sich die Erntehelfer bei strahlendem Sonnenschein die Laune nicht verderben. "Wir genießen die Aussicht auf Werder und die schöne Luft und bessern mit dem Stundenlohn von acht Mark unser Taschengeld auf", sagte die 18-jährige Ulrike Wehlitz. Der Wein vom nördlichsten kommerziell betriebenen Anbaugebiet Europas wird frühestens beim nächsten Baumblütenfest im Mai probiert werden können. "Wir hoffen auf 30 000 Flaschen Müller-Thurgau und 4000 Flaschen Rotwein der Sorten Regent und Dornfelder", meinte Manfred Lindicke. Die würden in Weinhandlungen in Potsdam und Berlin ebenso verkauft wie in der Supermarktkette Kaufland. Die Weißweine aus Werder besitzen im Vergleich zu den Tropfen aus dem Rheinland nicht sehr viel Säure. "Unsere Rebstöcke treiben drei bis vier Wochen später als anderswo aus, in der Ernte liegen wir aber um bis zu vier Wochen vorn", erklärte der Winzer die besondere Situation. Wegen der mangelnden Säure will er schrittweise vom Weiß- zum Rotwein umsteigen. Bei den dunklen Sorten fällt der Säuregehalt nicht so sehr ins Gewicht.

Deshalb steckt Lindicke jede beim Flaschenverkauf verdiente Mark in den von der Stadt gepachteten Weinberg. "Für mich und meine Frau ist er ohnehin nur ein Hobby. Mein Geld verdiene ich als Obstbauberater", meinte der Ingenieur. Doch beide knüpfen damit an eine lange Tradition des Weinanbaus in Werder an. Schon im 14. Jahrhundert brachten ihn Zisterzienser vom Kloster Lehnin in die Stadt. Ab 1850 verdrängten Obstbäume mehr und mehr die Rebstöcke. Erst 1984 wurde der Wachtelberg wieder bestockt. Nach der Wende geriet er in Vergessenheit, ehe vor fünf Jahren Manfred Lindicke wieder die ersten Trauben zum Keltern ins Landesweingut Kloster Pforte in Sachsen-Anhalt brachte.

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