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So bunt, so lecker. Jeden Tag zieht es zehntausende Menschen auf die Havel-Insel und auf die vielen Obsthöfe am Ufer. Am 30. April beginnt das Fest.

© dapd/Michael Urban

Werder: Brückenschlag zur Baumblüte

Nur ein Zugang zur Insel Werder? Das gab Probleme. Jetzt wird ein zweiter gebaut – für den Notfall. Die Stadt reagiert mit dem Sicherheitskonzept auch auf das Unglück bei der Loveparade in Duisburg im vorigen Sommer.

Werder/Havel – In einem Monat, am 30. April, machen sich wieder zehntausende Menschen auf den Weg nach Werder. Dann wird auf der Havelinsel und bei den Obstbauern das Baumblütenfest gefeiert. Zuletzt ging es allerdings weniger um das Festprogramm, sondern mehr um die Sicherheit. Nun wurden die Bestimmungen verschärft – nach monatelanger Debatte. „Sicherheit geht vor“, sagt Bürgermeister Werner Große (CDU).

Eine bislang nur für Einsatzkräfte vorgesehene Pontonbrücke des Technischen Hilfswerks neben der Inselbrücke – bisher der einzige Zugang – wird verbreitert und kann im Notfall für Besucher geöffnet werden. Rundherum werden weniger Verkaufsstände aufgebaut, was Platz schafft. Mehr Ordner sollen die Besucherströme lenken. Alle Einsatzkräfte – also Polizei, Rettungsdienst, Mitarbeiter der Stadt und die Bundespolizei – richten in der Feuerwache eine Leitstelle ein. Sie werden zudem mit Digitalfunkgeräten ausgestattet, weil vergangenes Jahr auf dem Blütenfest das Handynetz zusammengebrochen war.

Zudem können Dampfer im Notfall die Besucher von der Insel an zwei Sammelstellen evakuieren. Insgesamt elf Notunterkünfte in öffentlichen Gebäuden und Kirchen rund um das Festgebiet stehen bereit. Und für den Transport von Schwerverletzten soll es drei Hubschrauberlandeplätze geben.

Und es wird auch insgesamt etwas ruhiger zugehen, wenn bis zum 8. Mai auf der Insel gefeiert wird: Zwar ist ein Auftritt der Ostrock-Band Karussell geplant, es soll aber keine große Bühne aufgebaut werden, die zusätzliche Besucher anlockt. Im vergangenen Jahr kamen nach Angaben der Stadt mehr als eine halbe Million Besucher, die über die Obsthöfe schlenderten, den Trubel genossen und auch so manches Glas Obstwein probierten – ob Himbeere, Pflaume, Kirsche oder Rhabarber.

Die Stadt reagiert mit dem in dieser Woche beschlossenen Sicherheitskonzept auf das Unglück bei der Loveparade in Duisburg im vorigen Sommer, aber auch auf einen Vorfall beim Baumblütenfest vergangenes Jahr: Da ging auf der Brücke zur Havelinsel für eine Stunde nichts mehr. Ein Krankenwagen und ein Gülle-Laster steckten fest, Besucher wollten von der Brücke klettern, die Polizei konnte den Stau nur mit aller Mühe entwirren. Und am Bahnhof wurden durch den Massenandrang 17 Menschen verletzt; die Bundespolizei musste zudem den gesamten Bahnverkehr einstellen lassen, weil Festbesucher meinten, über die Gleise spazieren zu müssen.

Damals bekam der Potsdamer Polizeipräsident Rainer Kann eine Ahnung davon, wie solch eine Situation im schlimmsten Fall enden kann. „Ich möchte das nicht noch einmal erleben“, sagte Kann und hat Nachbesserungen von der Stadtspitze gefordert. Denn die Inselbrücke könne – ähnlich wie der Tunnel in Duisburg – zum Flaschenhals bei einer Panik oder bei Rettungsaktionen werden. Zugleich mahnte der Landkreis Potsdam-Mittelmark nach dem Unglück bei der Loveparade einen neuen Evakuierungsplan an. Seitdem wurde wild diskutiert: Eine Pontonbrücke der Bundeswehr war im Gespräch, es fielen scharfe Worte gegen die Polizei, der Bürgermeister dachte sogar laut über eine Absage des Baumblütenfestes nach.

Jetzt ist der Streit vom Tisch, für das neue Konzept gibt es sogar Lob vom Tüv Rheinland: „Außerordentlich schlüssig und sehr praktikabel“ sei es, die Schwachstellen seien beseitigt. Auch Polizeipräsident Kann ist nun zufrieden.

Das Fest wird schon seit 1879 organisiert, damals hielt der erste Sonderzug aus Berlin in Werder, die Baumblüte wurde zum Volksfest. Los geht es traditionell mit dem Eröffnungsball am 29. April: Sieben junge Frauen wollen zur Baumblütenkönigin gekürt werden.

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