zum Hauptinhalt
Freie Fahrt im leeren Land. Die Bahn baut weitere Regionalverbindungen in Brandenburg ab. Vor zehn Jahren hielten noch 400 Fernzüge an den Bahnhöfen des Landes, 2011 sollen es nur noch 70 sein.

© ddp

Zugverkehr: Bahn streicht weitere Fernzüge

Die Bahn hängt Brandenburg weiter vom Fernverkehr ab. Im Dezember will sie drei von fünf noch täglich fahrenden IC- oder EC-Züge zwischen Berlin und Stralsund streichen. In den überfüllten Zügen zur Ostsee wird es nun noch enger werden.

Nur an Wochenenden soll es in der Saison weitere einzelne Züge geben. Um die Lücken im Fahrplan ausfüllen zu können, müssen Berlin und Brandenburg – auf ihre Kosten – zusätzliche Regionalzüge fahren lassen. In den im Sommer vor allem an den Wochenenden meist überfüllten Zügen zur Ostsee wird es dann noch enger werden.

Die Bahn begründet ihren Rückzug aus dem Fernverkehr in Brandenburg mit Verlusten im Betrieb, die sie selbst decken muss. Die Fernzüge seien meist nur zu maximal 30 Prozent besetzt, sagte ein Bahnsprecher. Damit sei der Verkehr unwirtschaftlich. Mit der Aufgabe der meisten Fernzugverbindungen geht der letzte Taktverkehr im brandenburgischen Schienenfernverkehr verloren.

Damit setzt die Bahn eine Politik fort, die sie seit Jahren in dünn besiedelten Flächenländern praktiziert. Nur noch knapp 70 Fernzüge werden 2011 in Brandenburger Bahnhöfen halten; vor zehn Jahren waren es rund 400. Auch die Landeshauptstadt Potsdam hat längst den Anschluss an das ICE-Schnellverkehrsnetz eingebüßt. In dem vor zehn Jahren eröffneten Hauptbahnhof können Fahrgäste heute nur noch einmal am Tag und einmal in der Nacht in einen Fernzug steigen. Ähnlich ist Cottbus abgehängt worden.

Den Interregio-Verkehr, mit dem die Bahn Mittelstädte verbinden wollte, ist schon vor Jahren deutschlandweit von den Schienen verschwunden. Auch dieser sei nicht wirtschaftlich gewesen, hatte die Bahn argumentiert. Für den Fernverkehr erhält das Unternehmen keinen Zuschuss und muss deshalb Gewinn einfahren.

Anders sieht es im Regionalverkehr aus. Hier werden die Züge von den Ländern bestellt – und bezuschusst. Hierfür gibt es pauschal zweckbestimmtes Geld vom Bund. Dies führt dazu, dass Regionalzüge heute Aufgaben des Fernverkehrs übernehmen und fast von Sachsen über Berlin bis zur Ostsee fahren. Auch jetzt springen die Länder wieder ein und bezahlen unter anderem einen zusätzlichen Regionalzug in der Hauptverkehrszeit zwischen Berlin-Gesundbrunnen und Eberswalde. Auch die täglich drei Direktverbindungen zwischen Berlin und Stettin, die mit dem Fahrplanwechsel im Dezember kommen, werden bis Angermünde in das Ersatzangebot integriert. Zusätzliche Verbindungen gibt es zudem zwischen Prenzlau und Angermünde mit Anschluss nach Berlin.

Ob es auch in Mecklenburg-Vorpommern zusätzliche Züge geben wird, ist nach Angaben des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) noch nicht entschieden. Hier laufen die Gespräche noch. Verkehrsminister Volker Schulmann (SPD) will vor allem die Verbindungen von Berlin nach Ueckermünde verbessern, wo die Züge seit Sommer 2009 bis zum Stadthafen fahren und nicht mehr vor dem Zentrum enden.

Den Regionalverkehr zur Ostsee mit den Linien RE 3 und RE 5 betreibt zurzeit die Deutsche Bahn. Die Strecken werden 2011/12 neu ausgeschrieben. Dann wird sich zeigen, ob die Bahn weiter von den Zusatzzahlungen profitieren kann, die die Länder nach der Aufgabe des Fernverkehrs übernommen haben.

Unabhängig davon fordert der Chef des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg, Hans-Werner Franz, den Bund auf, „seine im Grundgesetz verankerte Bestellerverantwortung im Fernverkehr stärker wahrzunehmen“, damit auch auf weniger nachgefragten Strecken Fernzüge fahren können. Jetzt würden die Kosten auf die Länder und den Regionalverkehr abgewälzt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false