zum Hauptinhalt
Update

S-Bahn-Chaos: "Eine Zumutung für die Fahrgäste"

Ungeheizte Züge, kaputte Türen, eingeschränkter Fahrplan: Die Pannen bei der S-Bahn beschäftigen das Abgeordnetenhaus. Senatorin Junge-Reyer kritisiert das Unternehmen, will den S-Bahn-Vertrag aber nicht kündigen.

Von

Bei der S-Bahn mussten die Fahrgäste am Donnerstag nicht nur beim Warten frieren. An etlichen Zügen klebten an den Türen blaue Zettel mit dem Hinweis „Waggons nicht geheizt“. Außerdem öffneten sich bei vielen Bahnen die Türen nicht, zuweilen mussten sich hunderte Fahrgäste durch nur wenige Eingänge eines einfahrenden Zuges drängen. Dass massenhaft die automatischen Türen ausfielen, begründete die Bahn mit Schnee, der sich in den Rillen gestaut habe und die Technik beeinträchtige. Über den Ärger der Fahrgäste wunderte sich bei der Bahn gestern niemand mehr. „Dass die Stimmung gereizt ist, ist nachvollziehbar“, sagte Sprecher Burkhard Ahlert.

Auch am Freitag fuhren die Züge nur nach eingeschränktem Fahrplan. Statt der vor dem Wintereinbruch eingesetzten 416 Viertelzüge, die aus je zwei Doppelwagen bestehen, waren Ahlert zufolge am Freitag 359 Bahnen im Einsatz. Am Donnerstag waren es noch 340. Die Linien S5 zwischen Charlottenburg und Hoppegarten sowie die S7 zwischen Potsdam und Ahrensfelde fuhren am Freitag laut Ahlert wieder im 10-Minuten-Takt. Allerdings verkehre die S20 zwischen Charlottenburg und Wannsee nur noch alle 20 Minuten. Seit dem 1. Dezember verzeichnete die Bahn laut Ahlert über 250 Antriebsstörungen und tauschte 52 Fahrmotoren aus. Am Freitag sei es zu "keinen größeren Verspätungen" gekommen.

Die Schwierigkeiten der S-Bahn seien „ein Zumutung für die Fahrgäste“, sagte Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses. Der Senat habe von der S-Bahn anderes erwartet, das Unternehmen erfülle seine Zusagen aus früheren Verhandlungen nicht. Die Senatorin wies darauf hin, dass die S-Bahn kein Landesbetrieb sei und die Deutsche Bahn und deren Eigentümer, der Bund, in der Verantwortung stünden. Eine kurzfristige Kündigung des S-Bahn-Vertrags lehnte Junge-Reyer ab. Dies sei eine populistische und wirkungslose Forderung.

Eine Forderung, die Grüne und FDP in der Parlamentsdebatte erhoben. Außerdem müsse die Bahn schadensersatzpflichtig gemacht werden, sagte die Grünen-Abgeordnete Claudia Hämmerling. „Wir brauchen einen politischen Paukenschlag.“ Der CDU-Verkehrsexperte Oliver Friederici sprach von der „dritten Winterkrise Berlins“, für die er Rot-Rot verantwortlich machte. Der Senat hätte „in knallharten Verhandlungen“ mit der S-Bahn mehr durchsetzen müssen. Eine mittelfristige Fusion der S-Bahn mit der städtischen BVG lehnte die Union ab. Auch der FDP-Politiker Klaus-Peter von Lüdeke sagte: „Die S-Bahn als Landesunternehmen fehlt uns gerade noch.“ Der Senat solle nicht nur den Vertrag kündigen, sondern alle Zahlungen einstellen und Schadenersatz geltend machen.

Offenbar wollten FDP und Grüne mit solchen Forderungen die S-Bahn komplett zerschlagen, mutmaßte die Linken-Verkehrspolitikerin Jutta Matuschek. Sie erneuerte den Vorschlag von Rot-Rot, die S-Bahn zu rekommunalisieren. Der jetzige Zustand sei „purer staatsmonopolistischer Kapitalismus“ und verantwortlich dafür der Bund.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false