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Gesundheit: Nicht über Gebühr

Bund und Länder wollen sich über Hochschulgesetze einigen – aber die Beiträge der Studenten bleiben strittig

Bund und Länder steuern auf eine weit gehende Neuordnung der Bildungs- und Hochschulpolitik in Deutschland zu. In der Bundesstaatskommission, die dem Föderalismus derzeit eine Gestalt zu geben sucht, ist schon absehbar, wohin die Reform gehen wird: Eine durchgreifende Entflechtung der Zuständigkeiten und eine eindeutige Stärkung der Länder. Wohl auf keinem anderen Politikfeld, über das die Kommission debattiert, dürfte die Regionalisierung so weit gehen wie bei Bildung und Hochschulen. Auch wenn unter den Ländern noch einige Unstimmigkeiten herrschen.

Das erste „Opfer“ der Reformbemühungen wird wohl die Rahmengesetzgebung des Bundes sein. Sie soll generell abgeschafft werden, was bedeutet: adieu Hochschulrahmengesetz. Die Länder beklagen seit langem, dass der Bund nicht nur einen Rahmen gesetzt habe, sondern zu viel ins Detail gegangen sei. Selbst die Bundesregierung hat Einsicht gezeigt: „Die Rahmengesetzgebung verhindert eine klare Zuordnung von Verantwortlichkeit“, sagt Justizministerin Brigitte Zypries. Ganz ohne zentrale Regeln wird es aber nicht gehen. Es besteht offenbar Einigkeit darüber, den Hochschulzugang, die Abschlüsse und die Rechtsverhältnisse des wissenschaftlichen Personals bundesweit zu regeln – entweder über Bundesgesetze oder durch einen Staatsvertrag zwischen den Ländern. „Mehr ist nicht notwendig“, sagt der frühere Bundesbildungsminister und heutige CDU-Fraktionschef in Düsseldorf, Jürgen Rüttgers, dem Tagesspiegel.

Streit gibt es vor allem um die Studiengebühren: Während sich die Länder einig sind, dass Gebühren künftig allein ihre Sache sein sollen, will Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) an dem Verbot festhalten, das sie einst ins Hochschulrahmengesetz geschrieben hat. Die Frage der Studiengebühren gehört denn auch zu den vier Punkten, die Bulmahn in einem entschlackten Hochschulrahmengesetz weiterhin regeln will. Daneben solle der Bund über das Dienstrecht, die Einheitlichkeit der Studienabschlüsse und Fragen der Qualitätssicherung bestimmen. Über das Verbot von Studiengebühren wird demnächst das Bundesverfassungsgericht entscheiden, nachdem einige Länder dagegen geklagt hatten.

Nach dem Hochschulrahmengesetz wollen die Ministerpräsidenten auch die gemeinsame Bund-Länder-Bildungsplanung kippen. „Sie ist überholt und wird abgeschafft“, haben sie lapidar beschlossen. Über die Ausbildungsförderung wird noch debattiert, unklar ist hier noch, ob sie beim Bund bleiben soll oder in Länderhand übergeht.

Der Mainzer Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) plädiert für die zentrale Lösung, weil es sich um eine Sozialleistung handele, die unabhängig von der jeweiligen Finanzkraft eines Landes sein müsse. Becks Stuttgarter Kollege Erwin Teufel (CDU) sieht das ganz anders: Die Ausbildungsförderung stehe in engem Zusammenhang mit der Studiengebührenfrage, deshalb sollten die Länder hier das Sagen haben. Unter den Ministerpräsidenten wird nun geprüft, wo die Mehrheit liegt. Damit es keinen „Fördertourismus“ unter Studenten gibt, soll grundsätzlich gelten: Das Lafög – wenn es denn so hieße – wird vom Land bezahlt, in dem das Abitur gemacht wurde.

Nicht trennen wollen sich Bund und Länder bei der Forschungsförderung. Allerdings ist hier die Finanzierung in den Ländern umstritten. Beck schlägt vor, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) weiter gemeinsam zu finanzieren. Das gilt auch für die Max-Planck-Gesellschaft (MPG).

Da beide Einrichtungen eng mit den Hochschulen kooperieren, wollen die Länder bei der Entscheidung über Geldflüsse beteiligt sein. Die Fraunhofer-Gesellschaft und die Helmholtz-Gemeinschaft dagegen sollten vollständig vom Bund übernommen werden. Beck: „Damit wird die Verantwortung für universitäre und außeruniversitäre Forschung klarer getrennt.“ Teufel dagegen will nicht den Einfluss auf die außeruniversitäre Forschung verlieren und die gesamte Forschungsförderung als gemeinsame Aufgabe erhalten. Der Grund liegt nicht zuletzt in der regionalen Wirtschaftsförderung, bei der die Institute eine Rolle spielen.

Uneins sind die Länder noch bei der Hochschulbauförderung. Teufel spricht für die reicheren Länder, wenn er die Abschaffung dieser Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe fordert. Zu hoch sei der Verwaltungsaufwand, zudem sei der Aufbau der Hochschullandschaft auch in den neuen Ländern bewältigt. Beck ist eher für die Beibehaltung, auch die Ost-Länder sehen das so.

Der Kompromiss könnte eine zeitliche Beschränkung sein. Die Ministerpräsidenten wollen erreichen, dass bis zur Neugestaltung der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern (spätestens in 15 Jahren, wenn der Solidarpakt II ausläuft) die jetzigen Bundesmittel gesichert werden und an die Länder fließen. Der Bund hat allerdings in der Haushaltsplanung für die nächsten Jahre die Hochschulbaumittel schon zurückgefahren.

Erich Thies, der Generalsekretär der Kultusministerkonferenz, hält es für richtig, die Forschungsförderung weiter Bund und Ländern gemeinsam zu überlassen. „Nur die gemeinsame Finanzierung durch Bund und Länder garantiert die Unabhängigkeit der Forschung“, sagte Thies dem Tagesspiegel.

Zufrieden sind die Kultusminister auch mit dem Vorschlag der Ministerpräsidenten, Schulthemen nicht mehr in der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung zu besprechen: „Schule ist ausschließlich eine Sache der Länder“, sagte Thies. Anders als die Ministerpräsidenten es jetzt vorschlagen, könnten sich die Kultusminister jedoch auch vorstellen, das Bafög nicht den Ländern, sondern dem Bund zu überlassen.

Peter Gaehtgens, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, sagt, er wäre „erleichtert“, sollte der Hochschulbau wirklich eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern bleiben. Ein schlankeres Hochschulrahmengesetz hält er für sinnvoll. Es sei aber richtig, wenn der Bund die vier von Bulmahn vorgeschlagenen Punkte auch in Zukunft regele.

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