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Aufmarsch von Rechtsextremisten.

© dpa

Nach neuer Festnahme: Chancen für NPD-Verbot steigen

Vertreter von Bund und Ländern wollen heute über ein neues NPD-Verbotsverfahren beraten. Nach der Festnahme eines weiteren mutmaßlichen Mitglieds der Terrorzelle wird ein Verbot wahrscheinlicher.

Die Verhaftung eines langjährigen NPD-Funktionärs als mutmaßlicher Helfer des Zwickauer Neonazi-Trios erhöht nach Einschätzung von Politikern die Chancen für ein Verbot der NPD.

Der Innenausschuss-Vorsitzende im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte im ZDF-„Morgenmagazin“: „Wenn das, was man ihm vorwirft, gerichtsfest nachgewiesen werden kann, dann steigen die Chancen auf ein Verbot deutlich.“ Er rechnet spätestens kommendes Frühjahr mit einer Entscheidung. „Ich persönlich glaube auch nicht, dass der Staat jetzt noch einen Rückzieher machen kann“, sagte er im SWR.

Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zeigt sich offen für die von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) vorgeschlagene Datei zu gewaltbereiten Rechtsextremisten. Im Gespräch ist unter anderem, Bankverbindungen, Telefonverbindungen und Kontaktleute von gewaltbereiten Rechtsextremisten zentral zu erfassen. Bislang hatte sich die Ministerin hier äußerst skeptisch gezeigt. Im Deutschlandradio Kultur sagte sie nun: „Wenn in einer zusammengeführten Datei die Informationen über Neonazis, über Kameradschaften, über gewalttätige Rechtsextreme verbessert werden kann, dann ist das ein Ansatz, über den wir beraten.“

Heute kommen der Bundestags-Innenausschuss und das Gremium zur Kontrolle der Nachrichtendienste zusammen, um über Pannen von Ermittlern und Verfassungsschützern im Zusammenhang der jahrelang unentdeckt gebliebenen Neonazi-Mordserie zu beraten. Am Dienstag war in Jena der langjährige NPD-Funktionär Ralf W. festgenommen worden. Der 36-Jährige steht nach Angaben der Bundesanwaltschaft unter dem dringenden Tatverdacht, die Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ unterstützt zu haben. Ihm wird Beihilfe zu sechs Morden und einem versuchten Mord vorgeworfen.

Heute und morgen treffen sich Vertreter von Bund und Ländern in Magdeburg, um über ein neues NPD-Verbotsverfahren zu beraten. 2003 war das erste Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Damals konnte die Rolle von V-Leuten in den Parteivorständen nicht eindeutig geklärt werden.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) sieht nun gestiegene Chancen für ein neues Verbotsverfahren, wie er in der Zeitung „Die Welt“ sagte. Der SPD-Fraktionsgeschäftsführer im Bundestag, Thomas Oppermann, sieht in der Festnahme des Jenaers Ralf W. einen Beleg, dass die NPD „nicht nur den geistigen Nährboden für Rechtsextreme bietet, sondern NPD-Mitglieder auch Teil des braunen Unterstützernetzwerks für die Rechtsterroristen waren“.

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sagte der „Welt“, wenn das belegbar sei, gelte: „Die V-Leute-Problematik würde nicht mehr im Mittelpunkt stehen.“ Bosbach zufolge liegt die Zahl der V-Leute des Verfassungsschutzes in der NPD „etwas unter der Zahl 100“. Welche Funktionen sie dort erfüllten, sei nicht zentral erfasst, sondern bei den 16 Landesämtern für Verfassungsschutz. Der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, forderte die Innenminister auf, konkret darzulegen, ob und welche Gewalttaten der NPD rechtlich zuzuordnen sind. „Es kommt hier nicht auf den politischen Willen, sondern allein auf Tatsachen und Rechtsfragen an“, sagte er in Berlin.

Nach Angaben eines Aussteigers ist die NPD in Jena „hochgradig gefährlich“ und äußerst gewaltbereit. Die Partei sei eng mit der militanten Szene verbunden, sagte das frühere Mitglied des Kreisvorstands Jena (2006-2007), Uwe Luthardt, dem Sender RBB. Gewalt sei in der NPD auch gezielt gesteuert worden. Luthardt zufolge hat die NPD auch eine sogenannte Kampfkasse zur Unterstützung in Not geratener Kameraden unterhalten.

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