zum Hauptinhalt
Will alle Steuern einnehmen: Wolfgang Schäuble.

© dpa

Finanzpolitik: Bund oder Länder - wer soll die Steuern einnehmen?

Der Bund würde gern die Steuerverwaltung zentralisieren. Einige Länder halten dagegen. Warum es ganz gut ist, dass alles so bleibt, wie es ist.

Es ist gewissermaßen der „running gag“ der Dauerverhandlungen von Bund und Ländern über ihr Verhältnis zueinander: die Bundessteuerverwaltung. Nun verbindet zwar kaum jemand etwas auch nur annähernd Lustiges mit diesem Thema, es ist trockene Beamtenmaterie und ein alljährliches Ärgernis, wenn man wieder die Steuererklärung ausfüllen muss. Insofern könnte es einem egal sein, wie Bund und Länder beim Einnehmen und Verteilen der Steuern untereinander verfahren – es sei denn, es würde mal weniger mit dem Zahlen, aber um geringere Einnahmen geht es in Bund-Länder-Gesprächen nicht, sie reden immer nur über das Gegenteil.

Lange gehegter Wunsch

Und eben über die Zentralisierung der Steuerverwaltung. Das Bundesfinanzministerium will sie schon lange. In der Wilhelmstraße trauert man der Reichsfinanzverwaltung nach, die nach dem Ersten Weltkrieg eingeführt wurde, wegen der Reparationszahlungen. Sie funktionierte zwar keineswegs so reibungslos, wie man sich unter Zentralisten das Funktionieren von Zentralbehörden gerne vorstellt. Aber es gab 1949 noch genügend Anhänger, die sie auch im Grundgesetz verankern wollten. Die Länder, mit ein wenig Unterstützung der Amerikaner, die ja auch etwas vom Föderalismus verstehen, konnten es verhindern.

Für die nun laufenden Verhandlungen hat ein Beamter im Haus von Wolfgang Schäuble wieder aufschreiben müssen, warum der Bund die Steuern verwalten – und das heißt auch: einnehmen – soll. Vier Seiten hat er sich abgerungen, in denen häufig die Wörter „effizient“ und „effektiv“ und „einheitlich“ vorkommen. Auf den ersten drei Seiten gewinnt man fast den Eindruck, die Sache könnte auch billiger werden, aber dann kommt am Ende noch ein Absatz, in dem von „nicht unerheblichen Kosten der Umstellung“ die Rede ist. Und so legt man das Papier ein wenig enttäuscht zur Seite. Die Finanzministerien von Bayern, Hessen, Nordrhein- Westfalen und Baden-Würettemberg haben geantwortet, eine Seite hat genügt, sie wollen nicht. Und damit basta. Die Sache ist so praktisch vom Tisch, bis zum nächsten Mal. Auch wenn die restlichen Länder, Berlin inklusive, die Steuerverwaltung an den Bund übertragen würden, ganz effizienztechnokratisch.

Schaut doch mal in die Geschichte

Sie sollten alle noch einmal nachdenken. Und die Historie bemühen. Im Parlamentarischen Rat hat der SPD-Politiker Walter Menzel die Bundesfinanzverwaltung so begründet: „Der Bund muss ein Mittel für den Bundeszwang haben.“ Die Weimarer Verfassung habe den Artikel 48 gehabt (der dem Reichspräsidenten erlaubte, die Reichswehr gegen Länder einzusetzen). Das ging nun nicht mehr, weshalb Menzel anfügte: „Wir kannten aber auch damals bereits den Reichszwang durch die völlige oder teilweise Einbehaltung der Finanzzuweisungen.“ Das betraf freilich nicht nur die Erfahrung undemokratischer Umtriebe in manchen Ländern, sondern auch die Politik des rechten Reichskanzlers Heinrich Brüning, das sozialdemokratisch geführte Preußen an die Reichskandare zu nehmen.

Demokratische Verfassungen sind nicht für Schönwetterperioden gemacht. Sie sollen Machtteilung gewährleisten, nicht Machtballung. Die Mehrheit der Landesregierungen sieht das offenbar nicht mehr so.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false