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Wirtschaft: Der Policen-Check

Viele Menschen sind falsch versichert. Sie haben zu teure oder überflüssige Versicherungen. Eine Hand voll Verträge reicht aus

Eine stolze Summe: Durchschnittlich 3000 Euro gab jeder Haushalt im vergangenen Jahr für Versicherungen aus. Doch manchen Euro hätte man sich sparen können. „Viele Leute sind falsch versichert“, warnt Thomas Dammbier von der Stiftung Warentest. Welche Versicherungspolicen man wirklich braucht, hängt von der Lebenssituation ab. „Ein Student muss sich anders versichern als ein Rentner“, weiß Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten (BdV). Nur zwei Versicherungen sollte ausnahmslos jeder haben: eine Kranken- und eine Privathaftpflichtversicherung. Erwerbstätige sollten zudem eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen, die zahlt, wenn man aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann. Familien mit Kindern empfiehlt Versicherungsberater Rudnik zusätzlich eine Risikolebensversicherung, die einspringt, wenn der Hauptverdiener stirbt. Für Autofahrer ist eine Kfz-Haftpflichtversicherung ohnedies gesetzlich vorgeschrieben.

Faustformel Nummer eins: „Schützen Sie sich als Erstes vor den Risiken, die Sie in eine existenzbedrohende finanzielle Krise stürzen könnten“, rät die Stiftung Warentest. Daher braucht jeder eine Privathaftpflicht. Diese springt ein, wenn man einem anderen schuldhaft einen Schaden zufügt. Beispiel: Ein Fußgänger läuft ohne zu schauen auf die Straße. Ein Autofahrer weicht aus, fährt vor einen Baum und zieht sich bleibende Verletzungen zu. Ohne Versicherung müsste der Fußgänger womöglich ein Leben lang dem Autofahrer eine Rente zahlen. Das kann ihn in den finanziellen Ruin treiben.

Faustformel Nummer zwei: „Personen vor dem Blech versichern“, sagt Versicherungsexperte Dammbier. Doch die Realität sieht anders aus. „77,7 Prozent der deutschen Haushalte haben eine Hausratversicherung, aber nur 69,9 Prozent besitzen eine Privathaftpflichtpolice“, berichtet Stephan Schweda vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Zwar mag auch eine Hausratversicherung sinnvoll sein, die bei Diebstahl oder Beschädigung Ihres Inventars einspringt, doch hat der Abschluss einer Privathaftpflicht absolute Priorität.

„Viele Versicherungen können Sie sich komplett sparen“, sagt Thorsten Rudnik vom BdV. Das gilt etwa für eine Insassen-Unfallversicherung, die zahlt, wenn ein Beifahrer bei einem Autounfall zu Schaden kommt. Doch Schutz besteht auch ohne eine solche Police: Entweder haftet die Kfz-Haftpflicht des Fahrers oder des Unfallgegners, je nachdem, wer den Unfall verursacht hat. Auch Reparaturversicherungen für Elektrogeräte oder Handys braucht man nicht, meint Rudnik. Dasselbe gilt für Fahrradversicherungen, die bei einem Diebstahl des Zweirads Ersatz leisten. „Wenn das Fahrrad nur 200 oder 300 Euro kostet, ist eine solche Police unsinnig“, sagt der Verbraucherschützer.

Die Bundesregierung will Verbraucher jetzt besser davor schützen, dass ihnen Versicherungsvertreter unsinnige Verträge verkaufen. Im neuen Versicherungsvermittlergesetz sollen höhere Anforderungen an die Arbeit der Vertreter gestellt werden. Die Vermittler sollen ihre Qualifikation nachweisen müssen und werden in ein Berufsregister eingetragen. Wer negativ auffällt, indem er wiederholt Senioren Ausbildungsversicherungen aufschwatzt, fliegt aus dem Register – das kommt einem Berufsverbot gleich.

Zudem werden Versicherungsagenten und Makler, für die nicht die Versicherungsgesellschaft haftet, verpflichtet, eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung abzuschließen. Diese zahlt dann, wenn der Agent den Kunden falsch beraten und ihm finanzielle Nachteile eingebrockt hat. Um eine mögliche Falschberatung zu dokumentieren, soll es künftig ein Beratungsprotokoll geben, das Vermittler und Kunde unterschreiben müssen. Allerdings ist die Regierung mit dem neuen Gesetz spät dran. Nach der entsprechenden EU-Richtlinie müsste es bereits in Kraft sein – seit letztem Samstag.

Weitere Informationen finden Sie in der aktuellen Ausgabe von Finanztest (Heft 1/2005).

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