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Stonehenge

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Archäologie: Wird das Rätsel von Stonehenge gelöst?

Mit den ersten Grabungen seit mehr als vier Jahrzehnten wollen britische Archäologen das Geheimnis um den Steinkreis Stonehenge im Südwesten Englands lüften. Diente die Anlage einst als Heilstätte?

Die Zeiten, als sich Reisende mit kleinen Hämmerchen ein Souvenir aus den Steinen in Stonehenge schlagen konnten, sind lange vorbei. Der bizarre Steinkreis im Südwesten Englands wird heute streng bewacht, Touristen aus aller Welt dürfen sich der Steinformation nur mit Sicherheitsabstand nähern. Umso bedeutender ist es, dass seit Montag wieder Forscher innerhalb des sagenumwobenen Kreises Hammer und Schaufel ausgepackt haben. Mit den ersten Grabungen seit fast einem halben Jahrhundert hoffen die Archäologen, das Geheimnis um Stonehenge nach Hunderten Jahren Rätselraten ein für alle Mal zu lüften.

Um die Kultstätte, die zum Weltkulturerbe der Unesco zählt, ranken sich unzählige Mythen: Als Pilgerstätte für selbst ernannte Nachfahren keltischer Druiden, Hippies oder Anhänger der esoterischen New-Age-Bewegung gilt Stonehenge abwechselnd als Göttertempel, prähistorische Stern- und Wetterwarte oder Begräbnisstätte. Artussagen-Anhänger glauben gar, dass der Zauberer Merlin höchstpersönlich die tonnenschweren Steine nahe der Stadt Salisbury aufgestapelt hat.

Ein Lourdes der Bronzezeit

"Die Antwort auf die ewige Frage, wann und warum Stonehenge errichtet wurde, ist zum Greifen nahe", sagte Geoffrey Wainwright, einer der Ausgrabungsleiter. Zusammen mit Timothy Darvill von der Universität Bournemouth will er beweisen, dass Stonehenge vor rund 4500 Jahren als Heilstätte gegründet wurde. "Eine Art Lourdes der Bronzezeit", nennt es Wainwright in Anspielung auf den französischen Wunderheilort. Die These stützen die Forscher auch auf die Funde menschlicher Überreste aus der Umgebung: Die Körper hatten demnach Anzeichen schwerer Krankheiten und Gebrechen.

Bei den jetzigen Forschungen - den ersten seit 44 Jahren - konzentrieren sich die Wissenschaftler auf die Blausteine, die den Innenkreis in Stonehenge bilden. Diese Steine, denen eine heilende Kraft nachgesagt wird und die aus dem rund 250 Kilometer entfernten westlichen Wales stammen, wurden als erster Kreis auf dem Gelände errichtet. Nach den bisherigen Erkenntnissen entstand dieser um 2500 vor Christus, doch eine genaues Datum wurde nie festgelegt.

Auf der Suche nach dem präzisen Entstehungsdatum

Auf der 3,50 mal 2,50 Meter kleinen Grabungsfläche suchen die Wissenschaftler deshalb in den kommenden zwei Wochen nach Materialien, die auf ein präzises Datum der Entstehung hindeuten. "Die ist die erste Möglichkeit seit fast einem halben Jahrhundert, mit moderner Archäologie ein Problem anzugehen, das Reisende, Altertumsforscher und Archäologen seit dem Mittelalter beschäftigt", sagte Darvill.

Zuletzt machte der renommierte Archäologe Mike Parker Pearson im vergangenen Jahr Schlagzeilen, als er ein rund 4600 Jahre altes Dorf in der Nähe von Stonehenge entdeckte. Im Gegensatz zu diesem Dorf sollte der Steinkreis eine Art Totenreich gewesen sein. "Eine sehr elegante Theorie", sagte Wainwright, "ihr fehlt nur jedes Spur von Beweisen."

Annette Reuther[dpa]

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