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Toilette der Internationalen Raumstation ISS

© dpa/Nasa

Astronomischer Fortschritt auf der ISS: Wie aus Urin Trinkwasser wird

Die Astronauten auf der Internationalen Raumstation ISS werden ihr Trinkwasser künftig aus Urin gewinnen. Ein Blick in die Toilette der ISS, wo sich die Astronauten anschnallen müssen. Ihr Harnstoff wird verwendet, um Sauerstoff herzustellen.

Es gibt Dinge, von denen hätte man lieber nicht gewusst, woher sie kommen. Grillhähnchen aus der Käfigmast gehören dazu oder unfair gehandelter Kaffee – und bald auch ein Glas Wasser auf der Internationalen Raumstation ISS. Das erfrischende Nass soll künftig im großen Stil aus Urin, Schweiß und Kondenswasser gewonnen werden. Die entsprechende Maschine wurde vor einer Woche mit dem Shuttle „Endeavour“ angeliefert. Aber sie schaltet sich immer wieder ab. Im dritten Test wurden jetzt knapp vier Liter Urin aufbereitet, meldete der ISS-Kommandant Mike Fincke gestern zur Erde, dann war abermals Schluss. Schlimmstenfalls muss die Shuttlebesatzung die künstliche Quelle wieder einpacken, damit sie auf der Erde repariert und mit der nächsten Raumfähre wieder nach oben gebracht wird, teilte die Nasa mit.

Noch haben die Ingenieure etwas Zeit. Der Wasserspender ist erst von Mai an nötig: Dann soll die Stationscrew von drei auf sechs Astronauten anwachsen. „Wasser ist der limitierende Faktor auf der ISS“, sagt Volker Sobick, stellvertretender Leiter der Abteilung Bemannte Raumfahrt beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. „Darum wird es fast nur zum Trinken und für Speisen benutzt; für Körperhygiene, wie wir sie auf der Erde kennen, ist es zu kostbar.“ In der ISS gibt es keine Dusche und noch nicht einmal fließendes Wasser. Zur Reinigung dienen spezielle Feuchttücher. Den Angaben der Astronauten zufolge, funktioniert das gut; Geruchsbelästigungen gebe es keine. Die Trinkwasserversorgung ist ähnlich gewöhnungsbedürftig: Das Nass kommt aus Tanks der russischen „Progress“Frachter, die regelmäßig anlegen sowie von den Shuttles, wo es als Abfallprodukt in den Brennstoffzellen entsteht. „Selbstverständlich wird das Wasser gereinigt“, sagt Sobick. Im Prinzip macht das neue Toilettensystem nichts anderes: Es reinigt.

Bevor die Maschine aber Wasser herstellen kann, muss sich ein Astronaut erstmal setzen. Aufgrund der Schwerelosigkeit besteht auf der kosmischen Toilette strikte Anschnallpflicht. Um sicher zu gehen, ist in das 20 Millionen Dollar teure Örtchen eine Absaugvorrichtung eingebaut. Sie hilft dabei, alle Wertstoffe in einen Behälter zu bringen. Die eingesaugte Luft wird von den übrigen Bestandteilen getrennt und nach einer Filterpassage zurück in die Station geblasen. Währenddessen wird der Urin einer Hightechbehandlung unterzogen. Das Wasser wird separiert und mehrfach gereinigt. Auf diese Weise wurde bisher schon Brauchwasser für die Station erzeugt, die neue Anlage soll Trinkwasser liefern. Selbst der im Harnstoff vorhandene Sauerstoff wird gewonnen, um die Atemluft zu verbessern. Die festen Bestandteile, die zu nichts mehr nütze sind, werden gepresst und mit dem Stationsmüll entsorgt.

Das neue Wasserwerk der ISS nutzt aber nicht nur Urin. Es soll auch die Luftfeuchtigkeit, die vor allem durchs Atmen und Schwitzen steigt, nutzen. „Dadurch wird zudem die Luftqualität in der Station verbessert“, sagt Sobick. Die Kosmonauten in der russischen Raumstation „Mir“ beispielsweise hatten am Ende tüchtig gegen Schimmel zu kämpfen.

Von der ISS sind solche Probleme nicht bekannt. Dennoch verbringen die Raumfahrer deutlich mehr Zeit mit Hausmeistertätigkeiten als mit Forschung in der Schwerelosigkeit. Im Schnitt seien 2,5 Leute nötig, um die Station am Laufen zu halten, sagt Sobick. Sie prüfen die Versorgungssysteme, wechseln Filter oder spielen neue Software auf die Computer. „Wenn sechs Astronauten oben sind, ist endlich mehr Zeit zum Forschen“, sagt Sobick. Ein guter Grund zum Anstoßen.

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