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Panorama: Blechdose ins All

2007 ist der Start des Weltraumlabors „Columbus“ in den Weltraum geplant – dabei soll nichts schief gehen

„Columbus“ ruht sicher in der neuen Welt, gut 513 Jahre, nachdem ein Mann dieses Namens erstmals amerikanischen Boden betrat. In den Kanälen rechts und links der Hauptzufahrtsstraße zum Kennedy Space Center an Floridas Atlantikküste werden regelmäßig Alligatoren gesichtet. Die Zugangskontrollen sind streng, in den Gängen und Hallen wird jeder Winkel mit Kameras überwacht.

Wie eine riesige Blechdose liegt Europas wichtigster Beitrag zur Internationalen Raumstation ISS silbrig glänzend in einem fast drei Mann hohen Stahlrahmen. Acht Meter Länge und 4,50 Meter Durchmesser sind die Außenmaße. Panik kann man bekommen bei der Vorstellung, wie eng es drinnen zugeht. 70 bis 80 Zentimeter misst die runde Öffnung, durch die sich die Raumfahrer zwängen müssen, um von der ISS in das Forschungsmodul zu kommen. Ein halbes Jahr lang wird der deutsche Astronaut Thomas Reiter demnächst unter solchen Bedingungen leben. Anfang Juli wird er mit der Raumfähre „Discovery“ ins All reisen.

Rundum sind innen mehrere Labore angebracht, in der Schwerelosigkeit gibt es kein „oben“ oder „unten“. Das Biolab ermöglicht Versuche mit Zellen, Gewebekulturen, Mikroorganismen, kleinen Pflanzen und wirbellosen Tieren. Im Physiologiemodul wird untersucht, wie die Schwerelosigkeit den menschlichen Organismus beeinflusst, insbesondere Muskel- und Knochenschwund sowie Veränderungen im Immunsystem und im Flüssigkeitshaushalt. Im „Fluid Science Lab“ wird das dynamische Verhalten von Flüssigkeiten erforscht. Im Universalschrank „European Drawer Rack“ ist Platz für Nutzlasten, Daten- und Videoübertragung, Kontrollsysteme. Außenplattformen ermöglichen Experimente draußen im All.

Auf den vernieteten Aluminiumplatten der Außenhaut kleben weiße Schildchen mit Kennungen wie „COL/C1-12“. Auch drinnen ist alles Stück für Stück durchnummeriert, „damit die Astronauten bei Experimenten oder Wartungsarbeiten die richtigen Teile bewegen“, erklärt Günther Brandt, Direktor des „Columbus“-Programms beim europäischen Luftfahrtkonzern EADS. Hinter der Außenhaut schützt ein Kohlefasergewebe „ähnlich wie bei einer schusssicheren Weste“ das Labor vor Weltraumpartikeln, die das Aluminium durchschlagen. Größeren Stücken „Weltraummüll“ weicht die ganze ISS aus, „die werden rechtzeitig geortet“.

Zehn Jahre lang hat man in Bremen an „Columbus“ gearbeitet, die anderen Partner der europäischen Raumfahrtagentur Esa und des EADS-Konzerns haben zugeliefert, aber der größte Anteil, 41 Prozent, kommt aus Deutschland.

Bei der Übergabezeremonie in Florida sagen die Redner artig: „Keine Nation kann das alleine leisten.“ Am Rednerpult steht aber „NASA“, die US-Flagge weht, europäische Fahnen sind nicht zu sehen, nur ein Banner mit dem „esa“-Schriftzug. Man könnte den Eindruck haben, hier werde ein amerikanischer Erfolg gefeiert, zu dem Europa ein bisschen beigetragen hat. Neben „Columbus“ liegt in einer ähnlichen Halteschale „Modul ISS-10 A“: der „Knoten“, der zuerst ins All muss als Bindeglied der ISS zu den Forschungsmodulen aus Japan und Europa. Schräg gegenüber wartet das japanische Labor auf den Transport. Die Asiaten, die daran hantieren, tragen einen Schutzoverall, eine Haarabdeckung und Mundmasken.

Die USA sind die Führungsnation bei der ISS, aber Russlands konventionelle Transportraketen haben den Betrieb aufrecht erhalten in den drei Jahren seit dem „Columbia“-Unglück. Die Nasa hat ihre Flüge für die Untersuchung gestoppt, nur einmal ist die „Discovery“ seither gestartet, im Sommer 2005, auch da gab es Probleme mit herabfallenden Schaumstoffteilen. Die Probleme des Space Shuttle werfen auch die Partner zurück. Für „Columbus“ gibt es schließlich keine Transportalternative. Mit dem siebten der ab Juli geplanten Shuttle-Flüge startet „Columbus“ ins All, laut Plan im September 2007.

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