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Schwarzer und Schröder: Der Kampf der Frauen

Familienministerin Kristina Schröder und "Bild"-Autorin Alice Schwarzer greifen einander an – Feministinnen ärgert das Ganze.

„lantzschi“ sucht „nach begeisterten Mitstreiter_innen“. Mit denen möchte die Twitter-Nutzerin ein Lied „performen“. Sie hat es selbst geschrieben: einen ironischen "Antifeminismus-Song für Kristina Schröder". Im Internet tobte am Dienstag die Kontroverse um die Äußerungen der Familien- und Frauenministerin. Feministinnen ärgern sich über das Ganze.

Von feministischer Seite stand Schröder am Dienstag schwer unter Beschuss. In einem Offenen Brief warf ihr Deutschlands Noch-immer-Oberfeministin und „Bild“-Autorin Alice Schwarzer vor, weder Kompetenz noch Empathie für Frauen zu haben. Schröder reproduziere in einem Interview mit dem „Spiegel“ vom Montag „Stammtisch-Parolen aus den 70er Jahren“, die weit hinter dem Niveau heutiger Stammtische zurücklägen. Schröder bediene „billige Klischees“ und behaupte „hanebüchenen Unsinn“. Sie, Schwarzer, halte Schröder „für einen hoffnungslosen Fall“, dem den Feminismus zu erklären die Mühe nicht wert sei. „Schlicht ungeeignet. Zumindest für diesen Posten“, urteilt Schwarzer mit „Bedauern und besten Grüßen“. Die „Bild“-Zeitung präsentierte den Offenen Brief.

Von Politikerinnen des linken politischen Spektrums hagelte schwere Kritik auf Schröder nieder. „Angewandten Spaltungsirrsinn“ attestiert die Grünen-Politikerin Renate Künast Schröder via Spiegel-online. „So viel Unsinn im Zusammenhang mit Frauenpolitik“ habe sie lange nicht gelesen, meint SPD-Vize Manuela Schwesig.

Und die Internetforen quollen am Dienstag über mit hoch kontroversen Debatten über den Feminismus-Streit Schröder/Schwarzer. Nachzulesen auch über den Facebook-Account der Ministerin. Und anhand dessen, was sie so twittert.

Losgetreten hatte Schröder den Diskurs über den Feminismus selbst. Im Spiegel-Interview kritisiert sie auf die Frage hin, wie sie Alice Schwarzer fände, einige von deren Thesen. Etwa, „dass der heterosexuelle Geschlechtsverkehr kaum möglich sei ohne die Unterwerfung der Frau“. Außerdem verwehrt sie sich vehement gegen die Quote etwa in der Wirtschaft. Und auch an Simone de Beauvoir versucht sich Schröder, die sie mit der Aussage zitiert: „Man wird nicht als Frau geboren, man wird es.“

Genau in diesen Aussagen der Ministerin liegt nach Ansicht von Sabine Hark, Leiterin des Zentrums für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung an der Technischen Universität Berlin, aber durchaus das Problem. Die Thesen seien eben nur fast korrekt wiedergegeben. Was Schröder damit betreibe, sei eine „verkürzende Schmähung des Feminismus“. Hark beschäftigt sich als leitende Professorin schon länger mit genau diesem Phänomen und damit auch mit der Ministerin. Für Schröder und andere sei Feminismus so etwas wie ein zu überwindendes Übel. Einerseits gestehe die Ministerin zu, dass auch sie ohne Feminismus nicht denkbar wäre. Andererseits betrachte sie ihn „als etwas in der Geschichte zu Entsorgendes: wie eine Kinderkrankheit, die eben durchgemacht wird, die dann aber nie mehr wiederkehrt“. Das sei eine verbreitete Art, den Feminismus zu verunglimpfen. Und nur deshalb habe der Vorgang überhaupt eine Relevanz. „Eigentlich möchte man darüber gar nicht diskutieren müssen. Aber man muss es, weil es nicht nur Einzelne sind, die diese Schmähung betreiben.“

Dass man es deshalb gleich mit Alice Schwarzer halten muss, meint auch die Expertin nicht. „Zu Schwarzer sollte man aber gleichermaßen Distanz halten“, betont Hark, nicht zuletzt weil diese ihren Feminimus im Brief auch noch mit antimuslimischen Ressentiments auflade. Zwar sei es richtig, solchen Äußerungen wie denen von Schröder etwas entgegenzusetzen. „Aber der Feminismus ist nie nur Schwarzer gewesen. Für viele Feministinnen ist Schwarzer genauso ein Problem wie Schröder.“

Am besten hält man es da wohl mit einem anderen Tweet. „Ich kann mich grad nicht entscheiden“, schreibt eine Twitter-Nutzerin, „für wen ich mich fremdschämen soll: Kristina Schröder oder Alice Schwarzer?“

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