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Panorama: Der kleine Killer

Der Palmenrüssler frisst sich durch Italien und zerstört ganze Landschaftsbilder.

Unter der zentralen Piazza Cavour in Rom haben sie eine Tiefgarage gebaut. Und irgendwie haben sie es trotz der Wühlerei geschafft, die mehr als zwanzig Meter hohen, wohl hundert Jahre alten Palmen darüber zu erhalten. Jetzt aber droht den Bäumen der Tod – aber nicht von Menschenhand, sondern von einem gerade mal drei, vier Zentimeter langen Käfer: Der Palmenrüssler, der sich seit 2004 durch Italien frisst, verheert zunehmend auch die Hauptstadt. Maximal zwei Jahre noch, sagen Experten. Dann könne Rom alle diese stolzen Bäume vergessen.

Wo das aus Südostasien stammende, mit dem Import von Zierpalmen globalisierte Insekt einmal seine Eier deponiert hat, gibt’s keine Rettung mehr. Die daumendicken und genauso langen Maden fressen endlose Gänge in die Weichteile der Palmen. Sichtbar wird ihr Zerstörungswerk erst, wenn die Wipfel platt werden oder sich gelb und welk zur Seite neigen. Dann bleiben nur noch Fällen, Häckseln, Verbrennen. Dringend. Zum Schutz der Nachbarbäume.

Das rot schimmernde Ungeheuer zerstört ganze Landschaftsbilder. An der Riviera westlich von Genua, die für ihre palmenbestandenen Strandpromenaden berühmt ist, haben sie von 200 000 Bäumen gerade einmal 20 Prozent erhalten können. Auf Sizilien gibt es keine „Kanarischen Dattelpalmen“ mehr. Die Toskana hat einen „regionalen Aktionsplan“ gegen den Killer aufgelegt. Genauso hat jetzt auch das sardische Sassari eine Meldepflicht für Palmen eingeführt. Das soll vorbeugende Inspektionen ermöglichen. Wer nicht meldet, zahlt Strafe oder geht ins Gefängnis.

Bekämpfen lässt sich „Rhynchophorus ferrugineus“ bisher kaum. Die Maden fressen sich bis zu drei Monate lang im Inneren der Stämme vorwärts, unerreichbar für jede Chemie; die Wipfel, wo man ansetzen könnte, sind meist weit oben, und vorbeugendes, großflächiges Versprühen von Gift mitten in der Stadt verbietet sich. Das Fällen kommt die Besitzer teuer: Ohne Kran geht oft nichts, und da Palmstämme nicht einfach aus glattem Holz bestehen, sondern innendrin ein dichtes, hoch resistentes Fasergewebe haben, in dem sich jede normale Motorsäge heillos verheddert, braucht es Spezialmaschinen. Und dann, damit weder Larven noch Käfer entkommen, müssen die Reste bis zur Verbrennung in Plastiksäcken versiegelt werden. Aus Kostengründen lassen viele deshalb nur die Wipfel abschneiden – so aber ragen statt edler Palmen nur triste graue Stümpfe in den Himmel.

Dass es Hoffnung gibt – aber was für eine! –, zeigt Sizilien. Dort ist der Palmenkäfer auf dem Rückzug: Er hat alles aufgefressen, was ihm zur Verfügung stand.

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