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Panorama: Dürre, Hochwasser – und Malaria

Forscher rechnen damit, dass der Klimawandel auch in Deutschland erheblichen Schaden anrichten wird

Berlin - Es scheint exakt zu passen: Da setzen sich führende deutsche Klimaforscher im GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit in München zusammen, um über „Klimawandel und Wetterextreme“ zu diskutieren, während gleichzeitig kräftige Schneefälle den Münchner Flughafen lahm legen. Angesichts der Schneemassen zuckt die deutsche Klimaforscherelite allerdings nur mit den Achseln: Das sei kein Wetterextrem, sondern ein ganz normaler Winter.

Die Experten treiben andere Entwicklungen um, die erheblich höhere Schäden verursachen als die verspäteten oder gestrichenen Flüge. Auch wenn Romanautoren anderes behaupten: die internationale Forscherzunft ist sich einig, dass der Klimawandel bereits in vollem Gange ist. Zumindest auf der Nordhalbkugel der Erde werden die Durchschnittstemperaturen also klettern, erklärt Hartmut Graßl vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. Und zwar umso stärker, je weiter man nach Norden kommt und je weiter das Meer entfernt ist. Berlin wird also kräftiger vom Klimawandel betroffen als Hamburg, Oslo stehen stärkere Änderungen bevor als Rom.

Gleichmäßig läuft dieser Klimawandel keineswegs ab. So soll es zwar generell mehr regnen und schneien, je weiter man nach Norden kommt. Für Brandenburg und Teile Polens aber prognostizieren die Klimaforscher weniger Regen. Gleichzeitig sollen die so genannten Starkniederschläge zunehmen. Es wird also seltener regnen, wenn sich jedoch eine Wolke entlädt, dann richtig. Anders formuliert: Obwohl in Brandenburg bereits heute nur halb so viele Niederschläge fallen wie in Oberbayern, nehmen sie weiter ab, die Felder der Bauern drohen zu vertrocknen. Und Jahrtausendhochwasser wie die Elbeflut im August 2002 kommen künftig eher im Jahrhundertrhythmus.

Auf solche Extreme sollte sich jeder einstellen, fordert Graßl: Staat und Gemeinden sollten Deiche erhöhen und Rückhaltebecken bauen, die zumindest einen Teil der Fluten zwischenlagern können. Hausbesitzer sollten über Regenrinnen mit größerem Fassungsvermögen und bessere Blitzableiter nachdenken, denn die Häufigkeit starker Gewitter könnte zunehmen. Und auch die Stromversorger sollten sich Gedanken machen, wie sie sommerliche Hitzeperioden, die wohl ebenfalls häufiger werden, ohne Zusammenbruch der Stromversorgung überstehen können.

Sollten sich die Regierungen der Welt nicht rasch auf Maßnahmen einigen, die erheblich stärker als im Abkommen von Kyoto vorgesehen den Verbrauch von Öl, Kohle und Gas und damit auch den Klimawandel bremsen, prophezeit Claudia Kemfert von der Berliner Humboldt-Universität, werde es teuer: Schäden in Höhe von bis zu 2000 Milliarden US-Dollar dürfte der Klimawandel allein bis 2050 auf dem Globus verursachen. Ein Großteil lasse sich aber verhindern. Die Kosten für Gegenmaßnahmen sind jedenfalls weit niedriger als die andernfalls zu erwartenden volkswirtschaftlichen Schäden.

Und da sind Gesundheitsprobleme noch gar nicht einkalkuliert. Der Leiter der Abteilung Geo-Risiko-Forschung bei der Münchener Rückversicherung, Peter Höppe, rechnet etwa damit, dass sich mit steigenden Temperaturen auch Tropenkrankheiten wie Malaria und Dengue-Fieber in Deutschland ausbreiten. „Politiker haben in jüngerer Vergangenheit Kriege auf Grund von Beweismaterial begonnen, das erheblich schlechter war als die Hinweise für eine Erwärmung der Erdatmosphäre durch Treibhausgase wie Kohlendioxid“, sagt Ulrich Cubasch von der Freien Universität Berlin. Die Maßnahmen des Kyoto-Protokolls dürfen, da ist sich der Forscher mit fast allen seiner Kollegen einig, erst der Anfang der dringend nötigen Maßnahmen gegen die steigenden Temperaturen sein.

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