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Volta, Brunnenstr. 73, Wedding, Tel. 0178 3965490, Mo 12-15, Di-Fr 12-15 und 18-24, Sa/So ab 18 Uhr.

© Kai-Uwe Heinrich

Kolumne: Von Tisch zu Tisch: Volta

Currywurst mit Chutney und Karottensalat.

Schnell was essen ohne viel Getue – aber gut? Viele, die das wollen, stehen zu Recht den ganzen Tag Schlange vor Mustafas Gemüse-Döner am Mehringdamm, andere, die es etwas kultivierter mögen, sitzen in den kleinen vietnamesischen Speisestuben, die diese Marktlücke für sich praktisch monopolisiert haben. Spanische Tapas gibt es auch, aber sie fristen ein Schattendasein, weil sie meist so fantasielos dargeboten werden – und dann ist da seit kurzem das kuriose „Volta“ in Wedding, nicht zu verwechseln mit dem Kreuzberger „Volt“.

Ein Unikum in mehrfacher Hinsicht. Denn schon der seltsame Glaspavillon mitten auf dem Gehweg der Brunnenstraße hat kaum etwas mit einem normalen Restaurant zu tun – es ist tatsächlich eher ein erweiterter Imbiss. Der Boden besteht aus rauem Beton, unter der Decke hängen nackt die Lüftungsrohre, und die schlichten Tische stehen rundherum auf Holzpodesten.

Das Thema Gemütlichkeit kann man hier also getrost abhaken, aber darum geht es ja auch gar nicht. Sondern ums flinke, kluge Essen. Hinter dem Ganzen steckt Stephan Hentschel, dessen „Cookies Cream“ ich überschätzt finde; das Küchenkonzept ist wohl überwiegend von Oliver Lorenz, dessen „Great Room“ ich unterschätzt fand. Aber schon dort ging die Küche einen ähnlichen Weg. Nichts, gähn, Brandenburgisch-Regionales, danke, sondern die besten Aromen aus aller Welt kosmopolitisch zusammengeführt, und zwar in der zutreffenden Erkenntnis, dass Langeweile einer der größten Feinde guten Essens ist.

Beginnen wir also mit einem Thai-Salat: Chinakohl, Erdnüsse, Gurken, grüne Edamame-Bohnenkerne, knusprige Wan- Tan-Blätter, Orangen-Koriander-Dressing, köstlich. „Bellies“ sind weiche, würzige Streifen von dickem Schweinebauch, zusammen mit süß-sauren Gurken in ein fluffiges Brötchen eingeschlagen; „Lollies“ sind kleine Rindfleischklößchen, an einem Holzstab gegart, mit Zitronengras, Papaya-Salat und Hoisin-Sauce. Das „Tempura-Trio“ geben drei identische Lachs-Tempuras mit Gurken in süßem Granny-Smith-Gelee mit Erbsensprossen und Wasabi-Crème-fraîche, in die ein paar Körnchen Flugfischrogen eingearbeitet sind.

Das alles wirkt deshalb so zeitgemäß, weil hier die hohe Komplexität der modernen Gourmetküche mit ihren betonten Vielfach-Kontrasten nachgeahmt wird – nur eben so, dass es preisgünstig und mit wenig Personal funktioniert. Eine wichtige Rolle spielen dabei die attraktiven Aromen der asiatischen Küche, aber auch Indien kommt vor, beispielsweise bei der „Currywurst“, die in Wirklichkeit eine Wurst ist aus Hähnchenfleisch mit Tamarinden-Säure und Paneer, also Ricotta-ähnlichem Frischkäse. Dazu gibt es ein grünes Chutney und Karottensalat mit Papadam-Fladen. Rote Bete, eilig etwas zu kalt serviert, kommen in Begleitung von Joghurt, Kresse, Honig und krümeliger Pumpernickel-„Erde“, auch das ein gutes Beispiel für die durchdachte Balance verschiedener Kontraste, wie sie nicht nur im Luxusrestaurant möglich ist, sondern auch hier, wo ein solcher Gang im Durchschnitt sechs Euro kostet.

Der teuerste ist der Volta-Burger für 9,50 Euro, der im Geschmack ein wenig zu dezent ausfiel, obwohl das Brötchen köstlich leicht und unzäh war, und das Rindfleisch würzig und saftig – möglicherweise wollte man hier Spielraum lassen für den Heinz-Ketchup, der unaufgefordert dazugestellt wurde? Krosse, aber deutlich zu fettige Pommes – das geht besser. Klasse: Der warme Cookie, eher ein Schoko-Gratin, mit Vanilleeis, Müsli-Krokant, Erdbeeren und Ahornsirup.

Der Rahmen ist also schlicht, das Getränkeangebot auch. Wein in Flaschen kommt nicht vor, es gibt trinkbaren Grauburgunder (0,2 l für 4 Euro) außerdem, stilgerecht, unfiltrierte Biere vom Weddinger Eschenbräu. Wir haben deshalb mit anderthalb Stunden unkontrolliertem Spachteln zu zweit gut 60 Euro verbraten – ich habe schon viel weniger Freude an Essen gehabt, die das Fünf- oder Sechsfache kosten.

So weltläufig die Küche, so provinziell das Ende: nur Bargeld. Aber man kann nicht alles haben.

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