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Von TISCH zu TISCH: Basim

Kalbstatar mit libanesischer Pizza.

Hier also will alle Welt hin. Prenzlauer Berg! Zusammen mit Kreuzberg das Zentrum der Gentrifikation, Ziel der Rollkoffer aller Nationen. Wer sich hier vor zehn Jahren eine Eigentumswohnung gekauft hat, der kann sie jetzt meistbietend verkaufen und anderswo essen gehen. Denn in Prenzlauer Berg gibt es zwar an jeder Ecke einen Weinladen und eine Kaffeebar, doch die Restaurants kommen nicht auf den Punkt. Mittlere Preise, mittelmäßige Leistungen – man merkt, dass hier junge Touristen dominieren, die sich fürs Essen nicht wirklich interessieren. Prototypisch erfolgreich sind vietnamesische Speisenbars, die man nach 45 Minuten mit 14 Euro Zeche wieder verlässt, um dann ins Kino zu gehen.

Das „Basim“ will anders sein. Es liegt östlich der Prenzlauer Allee und damit nicht im Zentrum des Booms. Küchenchef und Mitinhaber Basim Badr steht Pate für den Namen, der auf Libanesisch „Lächeln“ bedeutet. Leider lügt dieser Name, was die dauerhaft grämlich blickende, schweigsame Restaurantchefin angeht, die ab und zu einen Teller hinstellt, vor dem Eingang gelangweilt pafft und der Kellnerin das Reden überlässt. Möglicherweise soll das aber regionaltypische Coolness darstellen, denn das Restaurant ist auf karg getrimmt, mit nackten Wänden und nackten verzinkten Klimarohren oben neben den Stuckornamenten. Ein wenig hallig, extrem schummrige Beleuchtung – nicht so mein Fall.

Reden wir vom Essen, denn das ist viel besser. Nein, hier wird nicht libanesisch gekocht, sondern ein origineller internationaler Freistil, der sogar mal libanesisch ausfallen kann. Nämlich, wenn ein Kalbstatar mit Bulgur im Reisblatt zusammen mit Petersiliensalat auf einer kleinen libanesischen Thymianpizza mit Tsatsiki serviert wird – eine wunderbare Vorspeise, die traditionelle Aromen mit modernem Handwerk verbindet. Auch die geeiste Spargel-Avocado-Creme mit Orange, Kerbel und Krabben kann genau so bleiben, denn es ist schön, auf diesem bürgerlichen Preisniveau mal einem Koch zu begegnen, der nicht die aktuellen Klischeegerichte nachkocht (Vorspeisen 7-13, Hauptgänge 18-23, Desserts um 7 Euro).

Ja, die Hauptgänge. Auch gut! Vor allem der geschmorte Rücken vom Apfelschwein mit schön zitroniger Kümmel–Gremolata, Kartoffelwürfeln, Oliven und Salbei, der sogar noch von einem verspätet nachgereichten gemischten Salat begleitet wurde. Das rote Curry vom Waller mit Romanesco und Tomaten wirkte gegen diese deftige Köstlichkeit ein wenig blass, vermutlich, weil der Fisch, separat gegart, ziemlich fad ausfiel und mit der sehr milden Currysoße fremdelte; so etwas muss kräftiger, schärfer, weniger clean schmecken, so reichte es nur für „ganz nett“.

Dennoch ist das keine üble Bilanz, zumal auch die Desserts, zwei pro Abend, vom Ehrgeiz des Küchenchefs zeugten. Zwar klangen sie wilder, als sie waren – Mascarponetörtchen mit Rhabarber und Spargeleis, Joghurt-Creme-brulée mit gebackenen Erdbeeren und Lavendeleis – schmeckten aber angenehm und waren handwerklich einwandfrei.

Zu all dem gibt es deutsche und österreichische Weine guter Herkunft, beispielsweise von Schloss Gobelsburg, Gernot Heinrich oder Helmut Dönnhoff; leider scheint das Engagement mit der Anschaffung erloschen zu sein, denn man sollte doch wenigstens ab und zu die Jahrgänge in der Karte aktualisieren. Der ausgezeichnete Grauburgunder von Dönnhoff (2011 statt 2009) kostet 35 Euro, wird aber leider nicht im Eis, sondern nur im Edelstahlkühler auf den Tisch gestellt. Dort erwärmt er sich rapide, was angesichts der langen Wartezeiten ziemlich stört.

Bei unserem Besuch war das Restaurant ganz gut frequentiert, was bei diesem Konzept und auf der falschen Seite der Prenzlauer Allee ein gutes Zeichen ist. Allerdings wette ich, dass noch wesentlich mehr Gäste kommen würden, wenn man sie herzlich empfangen, gut beraten und engagiert bedienen würde, dem Namen angemessen. Die Küche des „Basim“ verdient jedenfalls Beachtung über die Bezirksgrenzen hinaus.

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