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Von TISCH zu TISCH: Di

Rindfleischscheiben in Teriyaki-Sauce mit saurem Salat

Normalerweise gehe ich nicht zu Restauranteröffnungen. Sie bringen nichts. Es werden irgendwelche Häppchen herumgereicht, und es stehen Prominente herum, in Berlin meist alle, die zum Zeitpunkt der Einladung nicht bei drei auf den Bäumen waren. Ihren Zweck erreichen solche Veranstaltungen aus Sicht des Einladenden dennoch: Hinterher steht in der Zeitung, dass zwei Schauspieler von „GZSZ“ reingeschaut und das großartige Essen genossen haben – und alle versprechen, bald wiederzukommen.

Der Betreiber glaubt dann natürlich auch sofort, dass er es geschafft habe, was sich meist als fataler Irrtum herausstellt. Denn die Leute von „GZSZ“ denken überhaupt nicht daran, wiederzukommen, und sie bringen auch keinesfalls die dringend erwarteten Freunde, Verwandten oder Kollegen aus anderen Fernsehserien mit. Statt dessen beginnen die Mühen der Ebene.

An diesen Mechanismus musste ich denken, als ich jetzt im „Di“ am Kurfürstendamm saß und mich verzweifelt bemühte, das maßstabsetzende neue japanische Restaurant aus den beglückten Premierenberichten wiederzuerkennen. Gut: Der schlauchförmige Raum ist cool ausgestattet, schieferfarben verklinkert und elegant weißlichblau illuminiert, das war teuer. Aber zwischendrin welken traurig die Blumen, leere Orchideenrispen ragen anklagend in den Raum, und auf den Tischen warnen „Reserviert“-Schilder vor Gästen, die den ganzen Abend lang nicht kommen. Ist der Ehrgeiz so schnell erloschen?

Japanisch, okay. Es gibt eine große, nicht zu teure Auswahl von Sushi und Sashimi, die ein japanischer Koch kompetent anfertigt. Die Produkte stimmen, der Reis hat Biss und zeigt keine Kühlungsschäden, und die Sushi-Klassiker schmecken ebenso gut wie die auch schon klassischen Novitäten, die California-Roll und die Tempura-Varianten. Mittags ist eine auskömmliche Portion einschließlich Miso-Suppe um die zehn Euro zu haben, abends kosten je fünf Stück knapp sieben Euro, das ist okay – aber auch nicht mehr.

Mein Frust knüpft an das restliche Speisenangebot an. Ich hatte etwas erwartet, was zu einem guten japanischen Küchenchef passt, doch da kam praktisch nichts. Entenbrust oder zwei dünne Scheiben Rindfleisch in Teriyaki-Sauce, gebraten, dazu etwas saurer Salat, so sah der Kern der warmen Speisen aus. Bei Preisen von 8,90 (Ente) und 14,90 Euro (Rind) waren große Überraschungen auch nicht zu erwarten – aber das Essen fiel so knapp und belanglos aus, dass wir gleich noch einmal Sushi bestellten, um einigermaßen satt zu werden.

Das Schlimmste aber war der Service. Dass wir uns zwischen all den sinnlosen Reserviert-Schildern selbst einen Platz suchen und die Jacken auf die Stühle werfen mussten – geschenkt. Aber dann zeigte sich, dass Kellner nicht ohne Grund eine dreijährige Ausbildung durchlaufen sollten, was hier offenbar nicht geschehen war. Ungerührt wurde uns der Reis mit dem Daumen in der Schüssel auf den Tisch gestellt, ungerührt wurde das Weinglas beim Einschenken in der hohlen Hand gehalten wie Opas Cognacschwenker – so was habe ich überhaupt noch nie gesehen.

Im Weinschrank ruhen übrigens Pretiosen wie Krug, Roederer Cristal, Dom Perignon. Was wird der Service wohl machen, wenn die jemand bestellt? Wir beschränkten uns auf den Chardonnay von Alois Lageder aus Südtirol, der hier auch offen ausgeschenkt wird. Komisch ist nur, dass das 0,2-Liter-Glas 6,90 Euro kostet, die 0,7-Liter-Flasche aber 35. Warum sollte da jemand eine Flasche bestellen? Die Antwort: Weil die Gläser keine Eichmarke haben, was ein klarer Verstoß gegen geltendes Recht ist. Und weil sie so klein sind, dass es mir dem äußeren Eindruck nach praktisch unmöglich schien, eine Füllmenge von 0,2 Litern drin unterzubringen.

Das sind also für ein knapp drei Monate junges, ambitioniert gestartetes Restaurant viele, zu viele Merkwürdigkeiten. Mehr als eine passable Sushi-Stube ist das „Di“ in der gegenwärtigen Form nicht. Es würde mich wundern, wenn sich das in nächster Zeit grundsätzlich ändern sollte.

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