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Von TISCH zu TISCH: Fabrics

Grüner Spargel mit Blaukartoffelconfit

Der Hausprospekt des Nhow-Hotels steckt im Vintage-Cover einer Vinyl-Single-Platte. Im Foyer lehnt eine Gibson-Gitarre auf einem Gepäck-Trolley, zum Restaurant geht es vorbei an einer kreischbunten Kunststoffinstallation, in der die Rezeption untergebracht ist, rechts eine Lichtlandschaft, en face eiförmige, bunte Schaukelhocker, eine Bar mit goldenen Sesseln davor. Schließlich landen wir auf mintfarbenen Ledersesseln, jenseits der Fensterscheibe glitzert die Spree, im Sommer kann man auf der Terrasse auch draußen sehr schön sitzen. Die weißen Stoffservietten haben die Form von kleinen Tischläufern, die Setdeckchen bestehen aus wolkenförmigem Kunststoffrasen. Links und rechts coole Typen, die man entweder in der Mode oder der Musikbranche ansiedeln würde.

Der Service ist von jener makellos freundlichen Professionalität, wie ihn Gutverdiener aus der Designbranche schätzen. Den Rat des netten Kellners, unbedingt den Hauscocktail als Aperitif zu probieren, nehmen wir also an und bereuen es nicht. Der „Celly Smith“ ist kühl und grün wie die Stühle, besteht aus Sake, Apfel, Sellerie, Bitteraromen und einem Stück Sellerie. Viel Frucht, wenig Alkohol, sehr modern (8,50 Euro). Es folgt eine Kollektion verschiedener Brotsorten, einige betont knusprig. Besonders stolz ist man hier aber auf das avantgardistische Brot ohne Kruste, eher eine Art Brot-Soufflee, kurz und niedrig gegart, sehr fluffig und ein bisschen süßlich, aber lecker.

Es ist dies kein Ort zum Dickwerden, obwohl es sogar ein Amuse Gueule gibt, eine leicht angeknusperte Ochsenschwanzpraline auf Kürbisconfit. Die drei Ikarimi-Lachsrösti sind nur münzengroß und auf einem Porzellanschiffchen apart angerichtet mit Miniatursalaten und sogenanntem Popfisch-Kaviar, der einen erfrischenden Akzent setzt (13 Euro). Küchenchef Patrick Rexhausen bastelt gern noch molekular.

Sehr gut gefiel mir das giftgrüne und sehr schaumige Spinatsüppchen mit einer Blüte aus Bianchetti Trüffelspänen obendrauf und einem pochierten Wachtelei innendrin (7 Euro). Eine kleine, leichte Köstlichkeit. So sieht ein Lieblingsrestaurant für Fashion Victims aus.

Unter der Überschrift „BlingBling“ fanden wir rosiges zartes Vitello, neu interpretiert in der Gesellschaft von Wanderkrebsen aus dem Pazifik. Schaumige Saucen-Tupfer sollten vielleicht an Gischt erinnern. Auch dieses Gericht schmeckt und liegt definitiv nicht schwer im Magen (14,90 Euro). Der gebratene grüne Spargel mit Blaukartoffelconfit und einer Tomatenconcassée erinnerte optisch an Chili con carne. Dazu gab es eine sehr angenehme gefüllte Trüffelzucchiniblüte (14,50 Euro). Die Designer am Nebentisch hatten offensichtlich lieber in der Rubrik „Berlin I love you“ zugeschlagen und aßen zünftig, doch apart Königsberger Klopse und Rinderrouladen.

Beim Dessert folgten wir wieder einer dringlichen Empfehlung des Service-Teams, Avantgarde Mousse. Es folgte ein kleines Wunder kulinarischer Ingenieurskunst. Schockgefrorene Schokosplitter wurden in Honigmilch gekippt, bis sie dampften, was das Zeug hielt, die Mousse lag in ihren sanften Wellen auf weichem Teig und erinnerte entfernt an Tiramisu, dazu gab es echte Brombeeren und ein gut konstruiertes eisiges Mango-Ei. Wer das Kind in sich noch nicht verloren hat, wird hier nicht nur die Lust am Spielen wiederfinden. Nein, es gibt alle Portionen auch in „Kindersize“, zur Not sogar für die Erwachsenen.

So viel Anspruch verlangt nach ordentlichen Weinen. Von einigen Ausreißern in den dreistelligen Bereich abgesehen, ist die Karte trinkbar kalkuliert zwischen 20 und 50 Euro. Mit einem Chardonnay aus dem Veneto waren wir jedenfalls zufrieden, obwohl „Celly Smith“ anfangs so einen Paukenschlag gesetzt hatte.

Es hätte des Weins auch gar nicht bedurft, um in leicht euphorische Stimmung zu geraten. In diesem „Music and Lifestyle Hotel“, versteht man, warum Touristen gerne nach Berlin kommen, was sich alles verändert hat und dass man davon unbedingt auch als Dauerbewohner der Stadt viel mehr Gebrauch machen sollte.

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