zum Hauptinhalt

Panorama: Expo 2000: Bunter Abschied

Wolfgang Thierse versteht es, auch dem inoffiziellen Symbol der Expo 2000 - den langen Warteschlangen vor den Pavillons und Themenhallen - noch etwas Positives abzugewinnen. "Wenn ich mir die so anschaue", sagte der Bundestagspräsident am Dienstag nach seinem Abschiedsrundgang über die Weltausstellung, "dann macht mich der Zulauf neidisch - bei uns vor dem Reichstag in Berlin sind die Schlangen nie so lang.

Wolfgang Thierse versteht es, auch dem inoffiziellen Symbol der Expo 2000 - den langen Warteschlangen vor den Pavillons und Themenhallen - noch etwas Positives abzugewinnen. "Wenn ich mir die so anschaue", sagte der Bundestagspräsident am Dienstag nach seinem Abschiedsrundgang über die Weltausstellung, "dann macht mich der Zulauf neidisch - bei uns vor dem Reichstag in Berlin sind die Schlangen nie so lang." Thierse erklärte die Weltausstellung am Nachmittag vor 5000 versammelten Vertretern der beteiligten Nationen und internationalen Organisationen in einer feierlichen Abschlussveranstaltung für beendet.

Dabei wurde auch die offizielle Expo-Fahne an den Veranstalter der nächsten Weltausstellung übergeben, die japanische Stadt Aichi. Für die Besucher gab es zum Schluss eine bunte Parade mit brasilianischen Bands, Tanzgruppen aus dem Orient und Artisten aus aller Welt, sowie ein Volksfest bis in die späte Nacht. Parallel dazu begannen noch während des Tages die ersten Abbauarbeiten in den Pavillons und Themenparks. In zwei Wochen sollen die Expo-Macher das Gelände besenrein an die Messegesellschaft übergeben. Mehr als 100 000 Besucher vor allem aus Norddeutschland nutzten am Dienstag die letzte Gelegenheit, über das Gelände zu schlendern. Der große Ansturm blieb aus. Vielleicht lag das am kalten Wind, der den Glühweinhändlern ein gutes Geschäft bescherte. Die Plätze und Alleen, die am vergangenen Wochenende noch von Menschen überlaufen waren, machten zuweilen einen verlassenen Eindruck. Mehrere Pavillons hatten zur Enttäuschung der Besucher bereits ihre Tore geschlossen, auch viele Gastronomen ließen ihre Stände am letzten Tag dicht. Vor den Hauptattraktionen standen die Menschen auch am letzten Tag mehr als dreieinhalb Stunden in den Warteschlangen. "Ich will hinterher sagen können: Ich war dabei", erklärte Anke Steckmann aus Bremerhaven ihre Ausdauer. Fröstelnd stand sie gemeinsam mit einer Kollegin in der Schlange zum "Planet of Visions". "Es ist zwar stressig, aber entweder heute, oder nie", sagte sie. Die Lehrerin Ute Halm, die zum zweiten Mal mit ihrer Schulklasse aus Gießen angereist ist, will der Expo an ihrem letzten Tag "eine letzte Chance" geben, wie sie sagte: "Bei meinem ersten Besuch fand ich die ganzen Technik-Inszenierungen nicht sehr gelungen - und jetzt gucke ich mit meinen Schülern, was es hier außerdem noch zu sehen gibt." Der zwölfjährige Kevin Körting, der seine Eltern überredet hat, zum vierten Mal mit ihm zur Expo zu fahren, wollte unbedingt noch ein Mal in den "Planet" - vor allem, "weil man dort Roller ausleihen kann", wie er strahlend erzählte.

Bei denjenigen, die in den vergangenen 153 Tagen auf der Expo gearbeitet haben, war am Dienstag eine Mischung aus Wehmut und Erleichterung zu spüren. "Die vielen Kontakte mit Leuten aus der ganzen Welt werden mir fehlen", sagte Melanie Utemöhlen, die vor dem Themenpark Bratwürste verkauft. "Aber ich bin froh, dass ich nicht mehr den ganzen Tag draußen in der Kälte stehen muss." Für die Studentin Nina Bankowsky, die am "Service Point" der Post Briefmarken verkaufte und Internet-Nutzer beraten hatte, ist die Weltausstellung mit dem letzten Tag unterdessen noch lange nicht zu Ende. "Nächste Woche fliege ich nach Namibia", sagte sie und strahlte, "dahin haben mich ein paar Leute vom Namibia-Pavillon eingeladen".

Vielleicht sind es auch solche Kontakte, die Wolfgang Thierse meinte, als er in seiner Abschiedsrede die Expo als "Botschafterin eines anderen Deutschlands" lobte. Zwar habe die Expo die Bundesrepublik mehr Geld gekostet als erwartet. Aber dafür sei der Welt gezeigt worden, dass aus Deutschland aus seinen Fehlern im 20. Jahrhundert gelernt habe - "und das ist durch fast nichts zu bezahlen".

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false