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Panorama: Fang den Bär

Fallen, Schlingen, Betäubungsgewehre – Naturschützer wollen das Tier lebend. Wurde es von Menschen ausgesetzt?

Es stinkt. Bestialisch. Alte Fleischreste von Schafen, Rindern und Schweinen hängen an einem Seil, das längs durch eine Aluminiumröhre verläuft. Zwei Meter ist die Röhre lang, etwa einen Meter hoch. Ihre Eingangstür ist mit dem Seil verbunden, an dem das Fleisch baumelt. Wenn vorne am Seil gezogen wird, klappt die Tür zu. Eine Falle. Für Bären.

Nacht für Nacht wird die Aluminiumröhre zurzeit im deutsch-bayerischen Grenzgebiet aufgestellt. Hineintappen soll der Braunbär, der in den vergangenen zwei Wochen in Bayerns Wäldern 16 Schafe tötete, in Bienenstöcken und Hühnerställen wilderte. Doch bisher bleibt die Röhre leer. Die Bärenanwälte von der Naturschutzorganisation WWF sind ratlos. Sie sind mit der Bärensuche beauftragt, doch das Tier ist ihnen immer einen Schritt voraus. Auch die letzte heiße Spur im österreichischen Kufstein führte ins Nichts. Ein Jäger gab an, den Bären dort am Donnerstag gesehen zu habe. Fellspuren wurden im Wald gefunden. Eine gentechnische Analyse zeigte gestern jedoch, dass es sich dabei um Rehfell gehandelt hat.

Die letzte nachgewiesene Spur des Bären bleiben damit die vier gerissenen Schafe, die am vergangenen Montag am Eibsee gefunden wurden.

Für den Suchtrupp ist das problematisch, denn um das Tier mit der Röhre fangen zu können, müssten die Jäger ganz genau wissen, wo der Bär als Nächstes aufkreuzt. Normalerweise kehren die Tiere häufig an die Stelle zurück, an der sie zuletzt Beute gerissen haben. Doch der bayerische Braunbär verhält sich völlig untypisch. Bisher kehrte er nie zurück, sondern streift rastlos durch die Wälder. Pro Nacht legt er um die 40 Kilometer zurück. „Der sucht verzweifelt eine passende Partnerin“, sagt Rüdiger Schmiedel, Geschäftsführer von der Stiftung für Bären. Zurzeit sei Brunftzeit, der Bär wolle sich paaren.

Nach Schmiedels Ansicht ist das auch der Grund, warum der Bär seine Beute bisher nie ganz aufgefressen hat. „Der verschlingt die Innereien. Knochenabnagen interessiert ihn alleine aus Zeitgründen schon nicht“, sagt Schmiedel.

Er berät mit seiner Stiftung den Wildpark Poing. Hierhin soll der Braunbär gebracht werden, wenn er in die Röhrenfalle getappt ist. Doch die Röhrenmethode ist nicht die einzige bei der Bärenjagd.

„Am liebsten würden wir ihn mit einem Betäubungsgewehr erwischen und dann in den Wildpark bringen“, sagt Manfred Wölfl, Koordinator für Großtiere in Bayern. Bisher wurde zudem überlegt, den Bären mit Gummigeschossen, Stromzäunen und Knallkörpern so zu vergrämen, dass er nicht mehr zurückkehrt. Doch diese Methode wurde mittlerweile verworfen. „Dafür ist das Tier zu auffällig und nah an Siedlungsgebieten dran“, sagt Wölfl. Er will unbedingt verhindern, dass der Bär einen Menschen anfällt. Falls sich das Tier einem Menschen gefährlich nähert, werde es getötet. „Allerdings sind wir nicht abschussgeil. Ein lebender Bär wäre uns lieber“, sagt Wölfl. Er vermutet, dass sich der Bär zurzeit in der Nähe des österreichischen Inntals befindet, den breiten Fluss jedoch nicht überqueren kann. Eine Chance für die Suchtrupps, um das Gebiet einzugrenzen.

Sollte es dem Bären trotzdem gelingen, nach Bayern zurückzukehren, werden Fangschlingen auf Waldpfaden ausgelegt. Sie sind an Bäumen befestigt und ziehen sich ruckartig zu, sobald der Bär die Schlinge betritt. Dadurch kann sich der Bär nicht mehr wegbewegen, die Jäger könnten ihn lebend ins Gehege transportieren. Eigentlich ist diese Fangmethode in Bayern verboten, doch gestern wurde sie von der oberbayerischen Regierung extra für die Braunbärenjagd genehmigt.

Woher der Bär genau kommt, steht bisher immer noch nicht fest. „Wir vermuten, dass er aus der italienischen Trentino-Region kommt“, sagt Ulrike Bauer vom WWF. Klarheit soll eine gentechnische Analyse von Fellspuren bringen. Mit den Ergebnissen wird Anfang der Woche gerechnet. Bauer schließt jedoch aus, dass es sich bei dem Bären um das Tier handelt, das vor rund einem halben Jahr in der Schweiz auftauchte. „Unser Bär ist etwa zweieinhalb Jahre, also viel jünger als der Schweizer Bär“, sagt Bauer.

Um die Chancen bei der Bärenjagd zu erhöhen, hat der WWF in den USA eine weitere Röhrenfalle bestellt. Nächste Woche soll sie geliefert und im deutsch-österreichischen Grenzgebiet aufgestellt werden. „Schließlich wollen wir den Bären lebend, nicht tot“, sagt Bauer.

Laut „stern.de“ gibt es Spekulationen, der Bär sei möglicherweise von Menschen ausgesetzt worden. Ein verdeckter Ermittler habe „stern.de“ über den illegalen Handel mit wilden „Kuscheltieren“ wie Bären, Krokodilen und Wölfen berichtet, die den Haltern über den Kopf wachsen und dann ausgesetzt werden. Das würde erklären, warum der Bär sich so unbekümmert menschlichen Siedlungen genähert hat. Normalerweise meiden wilde Bären die Nähe von Menschen.

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