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Die Treibjagd mit Hunderudel bleibt in Großbritannien verboten.

© Ben Stansall/AFP

Fuchsjagd in Großbritannien: Das große Halali

Seit mehr als zehn Jahren ist es in England und Wales verboten, Hunderudel auf Füchse zu hetzen. Premier David Cameron wollte das ändern – und spaltet damit die britische Gesellschaft

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Prinz Charles soll einst sogar damit gedroht haben, sein Land zu verlassen, wenn er sein geliebtes Hobby nicht mehr ausüben darf. Falls die Regierung wirklich die Fuchsjagd verbiete, werde er möglicherweise auswandern und den Rest seines Lebens skifahren. So ist es aus dem Jahr 2002 übermittelt. Inzwischen ist die Treibjagd mit Hunden in ihrer herkömmlichen Form längst verboten. Und Prinz Charles wohnt trotzdem noch in Großbritannien. Wirklich beendet allerdings war das Thema nie. Die britische Politik hat es in den vergangenen Jahren mehr erregt hat als Krieg und Frieden, der Euro, Europa oder die Bankenkrise.

Schotten verhindern Abstimmung

Ist diese Form der Hatz in Deutschland seit den 1930ern verboten, so sollte das Gesetz in Großbritannien am Mittwoch wieder zur Debatte stehen. Das Unterhaus sollte über die Fuchsjagd entscheiden. Doch die Abstimmung wurde kurzerhand abgesagt, weil die 56 Abgeordneten der schottischen Nationalpartei SNP ankündigten, gegen die Änderung zu stimmen, und der Vorschlag damit praktisch keine Chance mehr hat. Geblieben ist die Aufregung um die Sache.

Offiziell sollte es nur um eine bescheidene Änderung an dem vor zehn Jahren in Kraft getretenen Verbot gehen. Man wollte Schafzüchtern im unwirtlichen Hügelland die Kontrolle über Füchse, die ihre Lämmer reißen, einfacher machen. Statt wie bisher nur zwei Hunde sollte wieder ein ganzes Rudel die Füchse aufstöbern dürfen. Das Totbeißen der Füchse bliebe verboten. Es klingt wie eine Kleinigkeit, zumal die Regeln damit denen in Schottland angepasst würden.

Doch nicht nur Tom Quinn vom Verein gegen grausame Sportarten befürchtet, dass die die Regierung versucht, „das Jagen über eine List wieder einzuführen“. Auch Tierschützer befürchten Schlimmtes. „Lasst euch nicht an der Nase herumführen. Es geht um nichts anderes, als dass Leute in der Natur herumgaloppieren und am Foltern von Tieren ihren Spaß haben können“, sagt zum Beispiel Brian May, der auch als Gitarrist der Rockgruppe Queen bekannte Anti-Jagd Aktivist, bei Sky News. Der frühere Beatle Paul McCartney, seine Tochter Stella McCartney, der Sänger Morrissey und die Verhaltensforscherin Jane Goodall haben sich ebenfalls in die Diskussion eingemischt. Sie sind sich einig: Die Fuchsjagd ist ein „ekelhafter Blutsport“.

Mehrzahl der Briten gegen Jagd mit Hunden

Tatsächlich erschrecken die Fotos von halb zu Tode gehetzten, zerbissenen Füchsen. Sie stehen im krassen Gegensatz zu den Bildern von Reitern in roten Jacketts und weißen Hosen, umgeben von einem fröhlichen Hunderudel. Das wirkt wie etwas aus der Zeit gefallen, aber irgendwie romantisch.

Studien und Umfragen, die ihre Sicht der Dinge belegen, haben beide Seiten vorzuweisen. Einer YouGov-Umfrage vom Januar zufolge sind 51 Prozent der Briten für das Verbot der Jagd mit Hunden, 33 Prozent dagegen. Auf dem Land ist die Mehrheit demnach knapper, aber mit 49 zu 39 Prozent trotzdem halbwegs deutlich. Dem britischen Premier Cameron selbst geht es wohl weniger um die Hatz an sich. Er ritt zwar einmal selbst zur Jagd, sagte aber auch schon einmal, dass er nur froh war, nicht vom Pferde gefallen zu sein. Er will vielmehr sein Wahlversprechen halten, dass er seiner Partei gegeben hat: Eine erneute Abstimmung über die Fuchsjagd.

Auch als Labour 1997 das Jagdverbot ankündigte, war die Wohlfahrt des Fuchses eher ein Vorwand. Blair wollte dem klassenkämpferischen Flügel seiner Partei beruhigen und symbolisch zeigen, wie grundlegend Labour das Land verändern kann. Das Jagdverbot war als Rüffel für das konservative, vorwiegend ländliche Südengland gedacht, ein Kampfruf weniger für den Fuchs als "gegen die feinen Leute in ihren roten Jagdröcke“. Im Jahr 2002 war dann nicht nur Prinz Charles erzürnt, sondern auch ein großer Teil seiner Landsleute.

Hass auf die "Feudalherren"

Mehr als 400.000 Menschen protestierten in London seinerzeit gegen ein Gesetz, dass ihrer Meinung nach von Städtern für Städter gemacht war. Es war die größte Demonstration der britischen Geschichte – bis zur Demo gegen den Irak-Krieg ein Jahr später. Die Gegner hatten keine Chance, das Gesetz ging durch. Gut zehn Jahre später ist die Erregung wieder groß. Und wieder ist die Debatte von tieferen Instinkten angetrieben. Die einen haben einen Hass auf die „Feudalherren“ und ihre angebliche Partei, die Tories. Die anderen bestehen auf ihr Recht, als freier Engländer unbehelligt von staatlicher Gängelung zu leben.

Die Fuchsjagd-Lobby besteht vor allem aus der Countryside Alliance, ein Land-Verband mit etwa 100 000 Mitgliedern. Eine Änderung des Gesetzes bedeute, dass Bauern wählen könnten, „wie sie die Fuchspopulation auf die effektivste und humanste Art verwalten“, sagt deren Direktor Barney White-Spunner. Und Bauernverbände argumentieren, dass Füchse in einer Schafzucht im Hügelland Schäden „im Wert von Tausenden von Pfund anrichten, wo die Farmer weniger als 10.000 Pfund verdienen“, wie der Präsident des Bauernverbandes von Wales, Glyn Roberts, verlauten lässt.

Doch es gibt Hinweise darauf, dass es ein offizielles Fuchsjagdverbot in Großbritannien gar nicht braucht. Nach Informationen der Internationalen Tierschutzgruppe Ifaw habe es bisher nur 400 Verfahren gegen Jagdverstöße gegeben – und in den Hochburgen der Treibjagd wie Cornwall und Devon in Südengland gar keine. (mit dpa)

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