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Gesundheit: Aschenputtel der Uni

Unternehmen kritisieren heftig, dass Hochschulen den Bachelor lieblos gestalten

Wenn die Hochschulen ihre neuen Bachelor-Studiengänge nicht grundlegend verbessern, könnten die Absolventen massive Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt bekommen. Absolventen der neuen, kürzeren Studiengänge seien bei vielen Firmen zwar hochwillkommen und würden oft geradezu händeringend gesucht. Die Bachelor-Studiengänge, die die Hochschulen bisher anbieten, seien nach Ansicht führender deutscher Unternehmen häufig aber „wenig berufsqualifizierend“, sagte Thomas Sattelberger vom Deutschen Arbeitgeberverband gestern in Berlin .Vielmehr finde sich in den Studienplänen „viel alter Wein in neuen Schläuchen“: Das Grundstudium von gestern sei oft der Bachelor von heute. „Man merkt deutlich, dass die Unis bei der Umstellung auf die neuen Studiengänge fünf Jahre lang wenig getan haben“, kritisierte Sattelberger.

Ein vernichtendes Urteil – und ein Urteil, das die Studierenden in den neuen Studiengängen weiter verunsichern könnte. Bis 2010 sollen europaweit alle Studiengänge umgestellt sein. Schon nach drei Jahren Bachelor-Studium sollen Studenten dann einen Abschluss haben, der sie für einen Beruf qualifiziert. Doch bisher scheinen die Studierenden der Qualität ihrer Ausbildung nicht zu trauen: Nach einer Umfrage des Hochschul-Informations-Systems wollen drei Viertel der Bachelor-Absolventen lieber sofort weiterstudieren und in ein Masterprogramm wechseln.

Ein Ergebnis, das von den Firmen nicht gewünscht werde, sagte Dirk Jost vom Energieanbieter Eon. Sie würden lieber Bachelor-Absolventen einstellen und Mitarbeiter, die sich bewähren, einige Jahre später einen Master draufsatteln lassen. Zwanzig große Firmen fordern deswegen in einer Erklärung die Hochschulen auf, bessere Programme anzubieten – und möglichst schnell die alten Abschlüsse Magister, Diplom und Staatsexamen in allen Fächern abzuschaffen. Nur acht Prozent aller Studenten seien derzeit in einem Bachelor- oder Masterstudiengang eingeschrieben – „viel zu wenig“, sagte Arend Oetker, Präsident des Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft.

Eine ähnliche Erklärung gab es vor zwei Jahren schon einmal von den Unternehmern. Jetzt hätten sie „bewusst schärfer“ formuliert, sagte Sattelberger. Besonders Ingenieure mit Bachelor-Abschluss würden von vielen Firmen verzweifelt gesucht. Sein Unternehmen, der Reifenhersteller Continental, stelle mangels deutscher Bachelor-Ingenieure inzwischen sogar englische und irische Absolventen ein.

Gerade die Technischen Universitäten beharren allerdings am meisten auf dem Diplomabschluss. Die neun größten deutschen TUs – darunter die TU Berlin – wollen den Bachelor nicht als berufsqualifizierend anerkennen. Die weltweit gerühmte deutsche Ingenieursausbildung könne erst nach dem weiterführenden Masterstudium gewährleistet werden, argumentieren sie. Die TUs „dürften nicht ständig darüber lamentieren,was sie mit dem Diplom verlieren könnten“, entgegnete Sattelberger. Sie sollten sich vielmehr überlegen, was ihre Absolventen mit den neuen Abschlüssen gewinnen könnten. Die „irritierenden Diskussionen über den Sinn des Bachelors“ müssten ein Ende haben.

Auch für Bachelor-Absolventen anderer Fächer würden viele Unternehmen inzwischen eigene Programme anbieten, sagte Sattelberger. Entgegen vieler Vorurteile würden die Berufsanfänger mit Bachelor-Abschluss nicht als bessere Praktikanten beschäftigt. Umfragen bei mehreren Firmen hätten ergeben, dass sie beim Berufseinstieg mehr verdienen würden als bisher ihre Diplom-Kollegen von den Fachhochschulen.

Sattelberger räumte ein, dass mittlere und kleine Firmen nicht ganz so begeistert auf gute Bachelor-Studenten warten würden wie viele große Unternehmen. Bei ihnen solle jetzt Überzeugungsarbeit geleistet werden.

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