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Gesundheit: Der Mann, der an Homers Troja glaubte Zum Tod des Archäologen Manfred Korfmann

Seit Heinrich Schliemann, der mecklenburgische Kaufmann und Hobbyarchäologe, 1871 mit der „Ilias“ unter dem Arm loszog, um Homers Troja auszugraben, kollidieren an diesem ehrwürdigen Ort an der türkischen Ägäis Mythos und Realität. Ob der Burgberg in Sichtweite der Dardanellen während seiner rund 3500-jährigen Besiedlungsgeschichte nur lokale Bedeutung besaß oder tatsächlich einmal das in der „Ilias“ beschriebene überregionale Machtzentrum gewesen ist, konnte auch Schliemanns wesentlich systematischer forschender Nachfolger Wilhelm Dörpfeld nicht klären.

Seit Heinrich Schliemann, der mecklenburgische Kaufmann und Hobbyarchäologe, 1871 mit der „Ilias“ unter dem Arm loszog, um Homers Troja auszugraben, kollidieren an diesem ehrwürdigen Ort an der türkischen Ägäis Mythos und Realität. Ob der Burgberg in Sichtweite der Dardanellen während seiner rund 3500-jährigen Besiedlungsgeschichte nur lokale Bedeutung besaß oder tatsächlich einmal das in der „Ilias“ beschriebene überregionale Machtzentrum gewesen ist, konnte auch Schliemanns wesentlich systematischer forschender Nachfolger Wilhelm Dörpfeld nicht klären.

Der endgültigen Beantwortung dieser Frage hatte sich der Archäologe und Prähistoriker Manfred Korfmann verschrieben. Wie kaum einem Vertreter seines Faches ist es dem wortgewaltigen TrojaForscher gelungen, für die Verbreitung seiner Grabungsergebnisse und Hypothesen einzutreten. 800000 Besucher sahen 2001 seine Ausstellung „Troja – Traum und Wirklichkeit“. Das dort präsentierte Modell des bronzezeitlichen „homerischen“ Troja (ca. 1700–1200 v. Chr.) löste eine verbissene Debatte unter Fachkollegen aus. Anhand eines freigelegten Grabens versuchte Korfmann nachzuweisen, dass das antike Troja eine Stadt mit internationalen Handelsbeziehungen gewesen sei. Dem widersprach nicht nur sein Tübinger Kollege Frank Kolb, der Korfmann „Irreführung der Öffentlichkeit“ vorwarf.

Das Interesse an den antiken Kulturen des Mittelmeerraums hatten in dem 1942 geborenen Kölner Anfang der sechziger Jahre Reisen nach Jordanien und in die Türkei geweckt. Kurzentschlossen gab Korfmann das angestrebte Lehramt in Englisch und Geschichte auf und studierte Archäologie und Alte Geschichte in Beirut und Frankfurt. Nach Stationen in Istanbul, Nordwestanatolien und Berlin berief ihn die Uni Tübingen 1982 zum Professor für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie.

Trotz aller Grabenkriege wurden die Forschungen in und um Troja zu Korfmanns unbestrittenem Lebenswerk. 1988 erhielt er von der türkischen Regierung die exklusive Grabungslizenz. 1996 setzte Korfmann die Errichtung des Historischen Nationalparks Troja durch und richtete dort ein Grabungsmuseum ein. 1998 erklärte die Unesco Troja zum Weltkulturerbe. Manfred Korfmann starb gestern nach schwerer Krankheit bei Tübingen.

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