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Barbara Schneider-Kempf ist neue Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin

Die Staatsbibliothek zu Berlin hat eine neue Chefin. Gestern kürte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz Barbara Schneider-Kempf zur neuen Generaldirektorin. Die Entscheidung für die 49-jährige Bibliothekarin und Architektin ist eine Hausberufung – und das ist gut für die seit längerem von inneren Krisen erschütterte Stabi: Schneider-Kempf amtiert seit April dieses Jahres kommissarisch im Amt der Generaldirektion, nachdem sie zuvor als stellvertretende Direktorin in die Potsdamer Straße gekommen war. Barbara Schneider-Kempf ist Nachfolgerin des im März dieses Jahres entlassenen Generaldirektors Graham Jefcoate.

Verdrängte Probleme lösen

„Mir geht es vor allem darum, den Betrieb der Staatsbibliothek erheblich zu verbessern“, sagte Schneider-Kempf gestern kurz nach ihrer Berufung dem Tagesspiegel. Die neue Generaldirektorin hat sich in den wenigen Monaten, in denen sie die Stabi leitet, den Ruf einer zupackenden Pragmatikerin erarbeitet. Der Vertrag mit ihrem Vorgänger Graham Jefcoate war im März nach nur einem Jahr Amtszeit wegen „unterschiedlicher Auffassungen zur zukünftigen Ausrichtung der Staatsbibliothek“ aufgelöst worden. Jefcoates Zerwürfnis mit der Stiftung war wohl ebenso tief wie das mit einzelnen Abteilungen der Staatsbibliothek. Er war von Stiftungspräsident Klaus-Dieter Lehmann von der British Library aus London nach Berlin berufen worden, um die Staatsbibliothek technisch und organisatorisch ins 21. Jahrhundert zu leiten. Jecoates ehrgeiziges Projekt: die Digitalisierung der Bestände. Die eigentlichen Herausforderungen der Staatsbibliothek – die endgültige Überwindung der jahrzehntelangen Ost-West-Teilung und die Revision der Kataloge – nahm er jedoch nicht in Angriff. Schließlich rebellierten die Abteilungsleiter, und Graham Jefcoate musste gehen.

Barbara Schneider-Kempf dagegen nahm sich unmittelbar nach ihrem Amtsantritt als kommissarische Leiterin der verdrängten Probleme an – der Klärung der Kriegsverluste und der Katalogrevision. Beide Vorhaben hängen eng miteinander zusammen: Denn fast 60 Jahre nach Kriegsende sind 1,2 Millionen Bücher und Zeitschriften noch immer als „möglicher Kriegsverlust“ verzeichnet. Diesen Vermerk haben allerdings auch Bände, die vor 1945 erschienen sind und bei der Computerisierung der alten Zettelkataloge nicht erfasst wurden. Da hilft nur eines: Bibliotheks-Mitarbeiter überprüfen jetzt die im elektronischen „Stabikat“ als möglichen Kriegsverlust vermerkten Werke in den Magazinen – und korrigieren falsche Fehlmeldungen. Außerdem lässt Schneider-Kempf Bestände, die seit der Teilung der Staatsbibliothek zerrissen sind, wieder zusammenfügen.

Die bibliothekarischen Visionen der neuen Generaldirektorin klingen ebenso praktisch – und an den Interessen der Benutzer orientiert: Schneider-Kempf lässt prüfen, ob die Magazine in der Potsdamer Straße für die Leser geöffnet werden können. Kürzlich formulierte die Direktorin allerdings ein weiteres „klares, prioritäres Ziel“: Der Umbau des Stammhauses der Staatsbibliothek Unter den Linden solle bis 2011, zum 350. Jahrestag der Bibliotheks-Gründung, fertiggestellt sein. Während im Scharoun-Bau in der Potsdamer Straße (Tiergarten) gestern das 25-jährige Jubiläum gefeiert wurde, beginnen im 1914 eröffneten Ihne-Gebäude die Arbeiten für den neuen Zentralen Lesesaal. Der Abriss der Büchersilos aus der DDR-Zeit, die anstelle des im Krieg zerstörten historischen Lesesaals errichtet worden waren, ist beendet. In vier Jahren Bauzeit soll dort ein vom Stuttgarter Architekten H. G. Merz entworfener gläserner Kubus entstehen. Nach weiteren vier Jahren Sanierungsarbeiten – bei vollem Bibliotheksbetrieb – will die Stiftung Preußischer Kulturbesitz das Haus neu eröffnen. Die Gesamtkosten betragen 326 Millionen Euro.

Beschwingte Atmosphäre

Die Aufgabe für die neue Generaldirektorin: den Ihne-Bau als Historische Forschungsbibliothek aufzubauen – und den Scharoun-Bau in seine neue Rolle als Ausleih- und Informationsbibliothek zu führen. Heute erfüllt das Haus in der Potsdamer Straße noch beide Funktionen, und viele Wissenschaftler scheuen den Weg in die historische Mitte. Dort finden sie nicht jene zugleich konzentrierte und beschwingte Arbeitsatmosphäre vor, die „Haus 2“ so beliebt macht.

Nein, diese Aufteilung und auch den gerade von Historikern kritisierten „Zeitschnitt“ will Schneider-Kempf nicht kippen. Es bleibe dabei: In Haus 1 sind die Bestände aus der Zeit bis 1955, in Haus 2 die Bestände ab 1956 verfügbar. Aber das Projekt Informationsbibliothek treibt die Generaldirektorin schon jetzt voran. Online-Datenbanken für alle Fachgebiete werden „enorm ausgebaut“, mehr PC-Arbeitsplätze geplant – und am Zugriff von außen wird gearbeitet. Erst dann, sagt Barbara Schneider-Kempf, wären die Datenbanken wirklich benutzerfreundlich.

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