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Gesundheit: Mit Fantasie an die Spitze

Elitewettbewerb: Forscher sollen sich nicht an Förderkriterien klammern, sagt der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft

„Lasst eure Fantasie spielen“, ruft Ernst-Ludwig Winnacker ratsuchenden Forschern zu, die nach Förderkriterien im Elitewettbewerb fragen. Besonders für die dritte Säule, die „Zukunftskonzepte“, wolle man möglichst keine Vorgaben machen, sagte der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gestern in Berlin. Hochschulen, die mit mindestens einem Exzellenz-Cluster und einer Graduiertenschule erfolgreich seien, sollten die Möglichkeit erhalten, Forschungskonzepte „endlich umzusetzen, an denen sie schon lange arbeiten“. Der Kreativität sollten dabei keine Grenzen gesetzt werden.

Der Ausschreibungstext für die Exzellenzinitiative, auf den Unileitungen und Wissenschaftler warten, wurde bei der Berliner DFG-Jahrestagung zwar diskutiert. Aber veröffentlicht werde er erst Ende August, sagt Winnacker. Zuvor muss noch die 26-köpfige Gemeinsame Kommission von DFG und Wissenschaftsrat zustimmen. Absichtserklärungen darüber, mit welchen Clustern und Graduiertenschulen sich die Hochschulen voraussichtlich bewerben, sollen sie schon bis zum 1. August an die DFG schicken.

Ein paar Tipps hat Deutschlands oberster Forschungsförderer dann doch für die Spitzenforscher, die jetzt an ihren Anträgen feilen. Ist es sinnvoll, bestehende Sonderforschungsbereiche und Forschungszentren auszubauen, oder gelten deren Fragestellungen als „abgearbeitet“?, fragen sich etwa Wissenschaftler an der Humboldt-Universität zu Berlin. Womöglich hätten nur ganz neue Projekte eine Chance auf Förderung. Keinesfalls, sagt Winnacker. Die Hochschulen sollten auf vorhandenen Stärken aufbauen und sie mit denen von Kooperationspartnern zusammenführen. Forschungsbereiche, die erst im Wettbwerb ihre Stärken suchen wollten, hätten keine Chance.

Die „Graduate Schools“, mit denen sich die Unis bewerben, sollten mehr leisten als Graduiertenkollegs. Vorbild könnten Graduiertenschulen internationaler Elitehochschulen sein, die den Nachwuchs über die Fakultäten hinaus vernetzen. Für die dritte Säule könne von Belang sein, mir welcher Strategie eine Hochschule das Betreuungsverhältnis von Professoren zu Studenten und Nachwuchswissenschaftlern verbessern will oder wie sie Familienfreundlichkeit schafft, so Winnacker. Aber: Wenn man den Forschern zu genaue Vorgaben mache, „besteht die Gefahr, dass sie es genau so machen, um auf jeden Fall gefördert zu werden“.

Dabei geht es Winnacker vor allem darum, den Innovationsstau in der deutschen Wissenschaft aufzulösen – nicht nur durch die Exzellenzinitiative. Der DFG-Präsident, von Haus aus Biochemiker und Genforscher, appellierte „an eine neue Bundesregierung“, gesetzliche Restriktionen gegen Kernenergieforschung, Grüne Gentechnik und Stammzellforschung aufzuheben. Junge Wissenschaftler wollten nicht Gesetze studieren, sondern forschen – und gingen im Zweifelsfall lieber ins Ausland.

Gut beraten wäre die Bundesregierung da mit einem „Chief Scientific Adviser“ nach britischem Vorbild, glaubt Winnacker. Ein ausgewiesener Forscher, etwa ein Leibniz-Preisträger, könnte unmittelbar den Bundeskanzler und sein Kabinett in wissenschaftlichen Fragen beraten. Einer ständigen wissenschaftlichen Begleitung bedürften auch die alternde Gesellschaft oder Innovationen im Verkehrswesen – wie das in Deutschland überfällige Dreiliter-Hybridauto. Winnacker sieht den Berater nicht als Alternative zu einer Nationalen Akademie. Auf das wissenschaftliche Potenzial einer solchen Institution sollte der Regierungsberater vielmehr zurückgreifen können.

Auch das von der DFG gegründete Institut für Forschungsinformation und Qualitätssicherung (IFQ) soll dazu beitragen, die deutsche Wissenschaft international sichtbarer zu machen. „Die Stärken, die wir in Deutschland haben, sind bisher keine Kriterien für internationale Forschungsrankings“, sagt DFG-Generalsekretär Reinhard Grunwald. Ein Beispiel sei die Vernetzung der Forschung mit der Industrie. Die Rankings machten auch keine Aussagen über die Qualität der Geisteswissenschaften. Das IFQ, das im Herbst seine Arbeit aufnimmt, soll die Förderprogramme der DFG analysieren, aber auch die allgemeine Entwicklung der nationalen Forschung.

Direktor des Institutes wird der Sozialwissenschaftler und Evaluations-Experte Stefan Hornbostel (Universität Dortmund). Die Leitung ist verbunden mit einer Professur an der Humboldt Universität ab dem Wintersemester 2005/2006. In der Aufbauphase, die bis Ende 2006 abgeschlossen sein soll, hat das Institut seinen Sitz allerdings in Bonn; ein endgültiger Standort steht noch nicht fest. Das Institut soll bis zu zwölf Mitarbeiter beschäftigen und wird in den ersten beiden Jahren mit 1,4 Millionen Euro von der DFG gefördert.

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