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Gesundheit: Schlemmen und schwitzen

Jetzt schon in München, bald auch in Berlin und gar nicht ausgebucht: Ein Besuch in der European School of Management

Die Häme tut Erik Schlie heute noch weh. „Voller Mund und leere Taschen“, spotteten die Zeitungen vor drei Jahren über die „European School of Management and Technology“ (ESMT), die kein Geld hatte, aber zum deutschen Harvard werden wollte. Mittlerweile, sagt der 34-jährige Professor Erik Schlie, habe man aus der Geschichte gelernt: „Wir sprechen nur über Dinge, die wir auch wirklich zeigen können.“ Zum Beispiel über den Campus in Bayern, in dem gelegentlich schon Seminare laufen, während das Berliner Staatsratsgebäude noch für den Betrieb umgebaut wird.

Ortstermin in München. Der Weg zur Managerschule führt an großen Baugruben vorbei. Messestadt West, eine aufstrebende Gegend. Hier hat es die ESMT schon an die Spitze geschafft: Dachterrasse mit Alpenblick, ringsum Büroleerstand. Eine Etage tiefer schwitzen zehn Manager. Sie sind hier für drei Tage auf Fortbildung, Thema des Seminars: Verhandlungen mit Geschäftspartnern, oder besser „Negotiating Business Success“.

Die acht Männer und zwei Frauen hinter den schallisolierten Türen des Hörsaals sind Hoffnungsträger der ESMT. Noch sind die Kurse bei weitem nicht ausgebucht, zu groß ist die Konkurrenz auf dem heiß umkämpften Markt der Business-Schulen. „Wir setzen auch darauf, dass die Teilnehmer uns weiterempfehlen. Was wir hier anbieten, braucht keinen Vergleich zu scheuen“, sagt Schlie.

Was die Technik angeht, stimmt das allemal. Der Campus in München mutet an wie eine Kreuzung aus Universität und Ausstellungsraum der High-Tech-Industrie: Flachbildschirme vor jedem Raum, im Flur Computerterminals für die Pausen. In den drei Hörsälen gibt es ein Kommandopult am Rednertisch: Computergesteuert starten Videoprojektor, Surround-Lautsprecherboxen und DVD-Player. Der Tageslichtschreiber ist in einen Tisch eingelassen und fährt auf Knopfdruck aus seiner Versenkung hervor. Was mit einem Stift an die Tafel angeschrieben wird, kommt nach der Vorlesung automatisch aus dem Farb-Laserdrucker. An jedem Zuhörerplatz gibt es eine Steckdose für den mitgebrachten Laptop.

Trotzdem haben die bereits etablierten Business-Schulen einen gewaltigen Vorteil: Uni-Namen wie Harvard oder Cambridge flößen auf der ganzen Welt Respekt ein – und die Kurse sind fast immer ausgebucht. Das Siegel ESMT dagegen ist selbst in Deutschland noch weitgehend unbekannt, und das, obwohl 25 der größten deutschen Unternehmen hinter der Uni-Neugründung stehen. Das soll sich ändern, wenn erst mal der reguläre Studienplan anläuft. Bis Ende 2005 wird das Staatsratsgebäude noch renoviert, dann fängt in Berlin der Schulbetrieb an – hier wird es auch einjährige, akademische Studienprogramme mit dem begehrten MBA-Titel als Abschluss geben. Und ein ganzes Kollegium von Professoren.

Bis jetzt sind viele der Management-Lehrer ausgeliehen. So auch der Verhandlungsexperte Matthew Mulford, der normalerweise an der London School of Economics seine Vorlesungen hält. Jetzt läuft er vor dem Münchner Rednerpult auf und ab und wirft Fragen in den Raum: „Peter, what would you do?“ Die Anrede per Vorname gehört zum verbindlichen britischen Business-Stil. Wesentlich rüder wird es hinter der Kulisse – es geht um die Ethik in Verhandlungen. Würde Peter wirklich falsche Informationen verbreiten, wenn die Gegenseite das Gleiche täte? Würde er seinen Verhandlungspartner vor Geschäftsfreunden lächerlich machen, um eine bessere Position zu erreichen? Erlaubt ist, so ein Ergebnis des Vormittags, was das Gesetz nicht verbietet. „Wichtig ist aber, dass Sie sich in Ihrer Haut wohlfühlen“, sagt Professor Mulford. Aha. Aber ist das für Manager, die seit Jahren ihr Geld mit Verhandlungen verdienen, wirklich ein großer Erkenntnisgewinn? „Die Professoren können manchmal nicht unbedingt mehr wissen als die Teilnehmer“, sagt Erik Schlie von der ESMT: „Aber sie liefern Methodik und wissenschaftlichen Hintergrund, kitzeln das gesammelte Wissen aus den Führungskräften heraus und strukturieren es – und davon profitieren nachher insbesondere die Praktiker.“

Matthew Mulford ist in seiner Powerpoint-Präsentation mittlerweile auf Seite 98 angekommen. Im schuleigenen Panorama-Restaurant auf dem Dach des Gebäudes bauen Mitarbeiter aus einem benachbarten Hotel schon einmal das Mittagsbuffet auf. Es gibt sechs verschiedene Salate, Lauchcremesuppe, Putenbruststreifen und Steinbeißer-Filet. Um das Essen effektiv zu gestalten, heißt die Mittagspause nicht Mittagspause, sondern Networking Time. Die Mahlzeit ist im Seminarpreis enthalten. 1000 Euro kostet jeder Tag pro Teilnehmer. „Bei so hochkarätigen Veranstaltungen ist das üblich“, sagt Schlie.

Entsprechend umkämpft ist der Fortbildungsmarkt für Manager. So hart, dass die ESMT in München gerade mal eine Kapazität für 140 Leute hat. Momentan laufen aber nur zehn Teilnehmer über die langen Flure. Nach nur einem halben Jahr Betrieb sei das aber völlig normal, meint Schlie: „Geben Sie uns noch zehn bis zwanzig Jahre. Dann möchten wir in der obersten Liga der Business-Schulen etabliert sein!“

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