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Tele Care System: Diagnose aus der Ferne

Telemedizinischer Notfallkoffer in der Erprobung

Es gibt brenzliche Situationen, in denen medizinischer Sachverstand dringend geboten wäre, ein Arzt nicht greifbar ist oder auch keine Möglichkeit besteht, den Patienten sofort in eine Klinik zu bringen. Das sind Fälle, bei denen Kenntnisse in der Ersten Hilfe allein nicht ausreichen. So wäre es wünschenswert, wenn die Möglichkeit bestünde, dass ein Arzt eine fundierte Ferndiagnose stellen und ein Laie nach dessen Anweisungen, die vom Arzt überwacht werden, handeln könnte.

Genau daran arbeitet die Global Health Care GmbH (GHC), eine Ausgründung der Charité. Sie entwickelt das Tele Care System (TCS), eine Art telemedizinischen Notfallkoffer, der im Flugzeug, im Reisebus oder sogar in sehr kleiner Version in einem PKW mitgeführt werden kann. „Im Grunde passiert hier dasselbe wie bei jedem Notfall in einer Krankenhaus-Rettungsstelle, nur dass die Patienten lediglich ,elektronisch‘ anwesend sind, der behandelnde Notfallmediziner also an einem Computer sitzt“, betonen die beiden GHC-Geschäftsführer, Dr. Peter Hufnagl und Dr. Trongh-Nghia Nguyen-Dobinsky.

Ein auch von Laien bedienbarer Defilibrator ist nur ein Element des Systems. Es können medizinische Daten wie Herztöne, Blutdruck, Temperatur oder Blutzuckerwerte erhoben und sekundenschnell übermittelt werden. Per Videokamera und Mikrofon kann der Arzt live die Situation vor Ort verfolgen und mit dem Patienten oder Helfer sprechen. Mit einer Minikamera könnte ein Nothelfer zum Beispiel in Mund oder Nase eines Patienten hineingehen, auch diese Bilder würden blitzschnell weitergeleitet.

Medizinischer Ansprechpartner für die Nutzer des telemedizinischen Notfallkoffers ist die Charité mit ihren zahlreichen Experten. Die Gründungsgesellschafter der GHC stammen von dort, sie ist selbst auch Anteilseigner an der 2001 gegründeten GmbH Firmensitz ist das Charité-Bettenhochhaus. An Europas größtem Klinikum gab und gibt es viele telemedizinische Forschungsprojekte, „aber die Entwicklung von Produkten ist eben nicht ihre Aufgabe, deshalb dieses spin-off“, erklärt Hufnagl, der zugleich Leiter des Telemedizincentrums der Charité ist.

Das Tele Care System besteht aus verschiedenen Komponenten, die teilweise gerade auf dem Reißbrett entstehen, zum Teil schon als Prototyp vorhanden sind und auf einigen Langstreckenflügen erprobt wurden. Die GHC will ein System auf den Markt bringen, das an unterschiedliche denkbare Situationen angepasst ist. Bei einem Langstreckenflug geht es beispielsweise nicht darum, eine Infektionskrankheit zu behandeln; auf einem Schiff hingegen, unterwegs von Asien nach Europa, könnte ein Mikroskop für den Notfallkoffer wichtig sein, an anderer Stelle ein Ultraschallgerät. In jedem Fall müsse die Technik extrem einfach zu handhaben sein. Peter Hufnagl hofft nicht nur auf einen wirtschaftlichen Erfolg. Genauso wichtig ist ihm, „dass auf diese Weise medizinische Dienstleistungen aus der Charité in alle Welt gebracht werden“.

Andrea Westhoff

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