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© AFP

Haiti: Vor Kinderhändlern wird gewarnt

Nach dem Erbeben in Haiti wollen auch verstärkt Deutsche ein Kind aus dem Katastrophengebiet adoptieren. Hilfsorganisationen sind alarmiert.

Berlin - Zündstoff erhielt die Debatte durch die Äußerungen der Fernsehmoderatorin Sabine Christiansen, die kritisiert hatte, dass man schon vor dem Beben in Haiti „eine Adoption für zehn Dollar“ bekommen konnte und auf dem Flughafen nur weiße Paare mit haitianischen Kindern zu sehen seien, „weil sie nichts kosten“. Vereine, die in der Adoptionsvermittlung tätig sind, verlangen eine Entschuldigung, da ihre Arbeit diskreditiert und die deutschen Adoptiveltern beleidigt würden.

Doch nach Erfahrung der Hilfsorganisation Terre des Hommes besteht in Zeiten von Chaos und Naturkatastrophen besonders die Gefahr, dass Kinderhändler die Situation ausnutzen und rechtliche Regelungen missachtet werden. Haiti, das die Haager Konvention zur Regelung von Adoptionen ins Ausland nicht unterzeichnet hat, ist nach Ansicht von Pressesprecher Michael Heuer bekannt für Korruption und daher auch in normalen Zeiten ein nur mäßig zuverlässiger Partner für legale Adoptionen. Derzeit sei angesichts der Zerstörung der Infrastruktur ohnehin kein seriöses Adoptionsverfahren möglich. Das sollten die Menschen bedenken, die angesichts der Bilder des Leids auf Haiti helfen wollen und über eine Adoption nachdächten. Es könne Monate oder länger dauern, um festzustellen, ob Kinder noch Verwandte auf der Insel haben. Heuer kritisierte, dass die Medien mit ihrem Fokus auf Bilder von Säuglingen und Kleinkindern den Zuschauern suggerieren, Haiti bestehe aus verwaisten Säuglingen. Es werde sich in einigen Monaten zeigen, dass viele ältere oder behinderte Kinder eine Adoption benötigten – aber daran hätten Paare im Ausland erfahrungsgemäß kein Interesse.

Auch die Bundeszentralstelle für Auslandsadoptionen in Bonn bremst: „Adoptionen ins Ausland sind keine Soforthilfe bei Naturkatastrophen“, heißt es. Und es gebe keinerlei Überlegungen, den Prozess von Adoptionen aus Haiti zu verkürzen. Im Bundesfamilienministerium will man sich allerdings bemühen, die insgesamt 64 in Deutschland laufenden Adoptionsverfahren für Kinder aus Haiti, die vor dem Erdbeben eingeleitet wurden, zu prüfen. Sollten einem Kind nur noch die formellen Ausreisepapiere fehlen und alle anderen Prüfungen wären abgeschlossen, könne in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt versucht werden, die Ausreise zu beschleunigen. Noch sei jedoch völlig unklar, ob dies machbar sei, weil Unterlagen und Infrastruktur zerstört wurden.

Frankreich und die Niederlande hatten bereits angekündigt, laufende Adoptionsverfahren mit Haiti zu beschleunigen. Den Haag will 109 bereits zur Adoption freigegebene Kinder ausfliegen, von denen 56 nur noch auf ihre Reisedokumente gewartet hätten. Neun Kinder, für die noch keine Adoptivfamilie ausgewählt sei, sollen zunächst in Pflegefamilien unterkommen. In Frankreich laufen etwa 1500 Adoptionsverfahren mit Haiti, Außenminister Bernard Kouchner stellte jedoch klar, dass nicht alle Kinder im Verfahren beschleunigt ausgeflogen werden sollen. Kinder aus der ehemaligen französischen Kolonie Haiti sind in Frankreich beliebt. 2006 fanden hier von den etwa 1300 haitianischen Kindern, die ins Ausland adoptiert wurden, 600 eine neue Heimat. Bei der Zentralen Adoptionsstelle Berlin/Brandenburg ist im Gegensatz zu anderen Anlaufstellen bisher keine verstärkte Nachfrage zu bemerken. Aber Haiti gehörte hier auch noch nie zu den beliebtesten Ländern, sagte ein Sprecher.

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