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Panorama: Hollywood: Küsse statt Schüsse

Hollywood liebt Katastrophenfilme. Je mehr Explosionen, Feuergefechte und Tote, desto besser.

Hollywood liebt Katastrophenfilme. Je mehr Explosionen, Feuergefechte und Tote, desto besser. Doch seit den Terroranschlägen vom 11.September findet mancher Kinogänger diese Art Unterhaltung gar nicht mehr lustig. "Collateral Damage" beispielsweise, der neue Film mit Arnold Schwarzenegger, wurde sprichwörtlich seinem Namen gerecht. Der Action-Film wurde das erste "Opfer" der Traumfabrik. Warner Brothers verschob seine Premiere für unbestimmte Zeit.

Auch die Dreharbeiten zum neuen Film von Jennifer Lopez, "Tick-Tock", wurden um ein halbes Jahr verlegt. Der Thriller hat ein Bombenattentat auf Los Angeles zum Gegenstand. Selbst "Big Trouble", eine Komödie von Disney, die eine Nuklearwaffe an Bord eines Flugzeuges zeigt, wurde auf Eis gelegt. Andere Filme und Projekte könnten folgen. Denn während sich bis vor kurzem Hollywoods Studios gierig auf Filme wie "Towering Inferno" und "Independence Day" stürzten, und die "Ästhetik des Desasters" feierten, sind plötzlich ernüchternde Zeiten eingekehrt.

Nicht nur dürften geplante Action-Filme vorübergehend in den Schubladen verschwinden und Drehbücher umgeschrieben werden, die Branche steckt in einer Krise. Angefangen mit einem in letzter Minute abgewendeten Streik der Schauspieler über wenige Sommerhits bis hin zu ausgeschöpften Budgets läuft bei der amerikanischen Filmindustrie so manches quer in diesem Jahr. Die Terroranschläge machen das ganze nicht beser. Denn nun müssen sich die großen Studios fragen, ob es dem gestressten Publikum statt bluttriefender Streifen nicht lieber heimelige Liebes- und Familienfilme offeriert. Ein Indiz: Nach den Anschlägen verzeichneten Video-Ketten wie Blockbuster eine verstärkte Nachfrage nach Liebes- und Zeichentrickfilmen.

"Ich hoffe, dass dieses Desaster der Lust auf Blut und Zerstörung, die wir in den vergangenen Jahren zunehmen sahen, einen Dämpfer versetzt", sagt Phil Tippett gegenüber dem San Jose Mercury News. Tippelt war an Filmen wie "RoboCop" und "Starship Trooper" beteiligt. Auch John Frankenheimer, der für einen Terroristenangriff in "Black Sunday" verantwortlich ist, möchte in nächster Zeit nicht mit Terroristen-Filmen zutun haben.

Rod Lurie, der Direktor von "The Last Castle, das diesen Herbst in die Kinos kommen sollte, warnt jedoch, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten. "Filme gehören zu den USA wie Baseball".

Die Studiobosse selbst zeigen sich zurückhaltend und strecken die Fühler bezüglich der Stimmung der Zuschauer aus. Wenn auch nicht wenige Beobachter hoffen, dass ähnlich wie nach Vietnam, die Zeiten für grosse Erzählfilme anbrechen, sind andere skeptisch. "In sechs Monaten ist alles wieder wie früher", meint Tippet. Auch Direktor William Friedkin zeigt sich realistisch: "Hollywood wird genau das produzieren, was es am Besten kann - Action-Filme".

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